Krähen

Ëîðà Ïðîêîôüåâà
 Einmal fuhr ich im Auto den  Fluss Kerest´ entlang. Herrliche Ausblicke - Nekrassowskije Orte.  Ich kam  zur Entscheidung, in irgendeinem Dorfe Halt zu machen und diese Schönheit zu genießen. Im Dorf Svetiki war der Fluss breit mit vielen Inseln, auf welchen die Schober prangten, das Gesträuch wuchs, an einigen Stellen war goldener Sand zu sehen. In einem Hause bat ich um Unterkunft für einige Tage. Der Wirt, der alte Fjödor, wohnte zu zweit mit dem Hund Zachar. Beide waren alt und still. Das Dorf war auch alt. Die Häuser waren schief auf einer Seite, "schwammen" zum Fluß. Alles rundherum war wie im Märchen. Und die alten Frauen mit Tüchlein auf dem Kopf, einer Bank unter dem Fenster und drei Hühnern auf dem Wege und ein aufgeblasener bunter Hahn. Ich war begeistert.
Früh am Morgen, ehe der Tag anbrach, klopfte jemand an die Pforte. Und ich hörte: " Wozu hast du die Fremde in die Wohnung genommen? Sie wird Unheil bringen. Wirf sie heraus!"
Ich warf den Schlafrock über und lief hinaus, um zu sehen, wer und warum er so über mich spricht. Aber niemand war da. Opa Fjodor sah ich nur zum Abend. Ich fragte: " Opa Fjodor, wer kam früh am Morgen?" Er tat so, als ob er nicht verstanden hatte und antwortete nicht.
Ich nahm die Staffelei, die Pinsel und ging zum Ufer des Flusses. Ich atmete leicht und die unbändige Schönheit erfreute die Augen. Von irgendwoher kam eine sehr große Krähe angeflogen. Schwang mit dunklen Flügeln, krähte und flog fort. Ich kam ermüdet und glücklich nach Hause. Opa Fjodor kochte Kartoffeln und nahm gesalzene Pilze heraus. Mein Entzücken darüber war grenzenlos.
Am nächsten Morgen klopfte jemand wieder ans Fenster. Und ich hörte wieder: "Ich sagte dir - wirf sie heraus! Dem ganzen Dorf wird das Unglück bringen". Der Alte, so schuldig und leise, antwortete: "Wie kann ich sie heraustreiben? Die Jungfrau ist gut und ruhig. Lass sie malen, schadet das jemandem?" Ich erblickte aus dem Fenster meines Zimmers eine Alte mit Spazierstock im dunklen Tuch und langem Rock. Nach dem Frühstück fragte ich vorsichtig, wer das war. Opa antwortete leise: "Das war die Alte Efimka. Man sagt von ihr, dass sie eine Zauberin ist. Warum sie dich verfolgt - weiß ich nicht. Sie wohnt in einem Haus am Rande des Dorfes. Geh zu ihr hin. Wer kennt sie? Kann sein, dass sie beleidigt ist, dass du zu ihr nicht hingegangen bist. Sie ist bei uns die älteste. Wann sie zu uns ins Dorf gekommen  ist, weiß niemand. Aber ehren muß man sie. Ich ging zu der alten Efimka. Sie saß auf der Stufe des Eingangs, als ob sie mich erwartete.
- Guten Morgen, Großmutter!
- Ob guten, weiß ich nicht. Aber, was für Liebe, brauchst du hier? Besser, wenn du weiterfährst!   
- Mir, Oma, haben ihre Orte gefallen. Ich will den Fluß zeichnen. Ich bin Malerin.
- Nun, gut.  Zeichnen sie, aber in einem anderen Dorf. Der Fluß ist groß und lang. Es gibt viele Dörfer am Ufer.- Sie stand auf und ging in die Bauernhütte.  Ich stutzte, was gefiel ihr an mir nicht? Ich blieb stehen, dann klopfte ich vorsichtig an die Tür.
- Darf ich?
- Gut, komm herein.
Im Hause brannte  ein russischer Ofen. Die rofen Kohlenstücke schimmerten und wurden dunkel. Die Alte stand  am Ofen und sprach:
- Den Kummer wirst du bringen. Das sehe ich. Fahre auf deinem eiseren Ross weg, ehe es spät wird.
Ich ging die Straße entlang und dachte: "Die Alte ist übergeschnappt. Heizt den Ofen bei dieser Hitze! EineVerrückte! Und ich werde ihr zuhören? Ich werde malen gehen!"
 Ich setzte mich auf meinen Platz am Ufer und sah  wieder die große Krähe. War das die von gestern? Die Krähe war niclt allein. Ein ganzer Schwarm kam plötzlich von irgendwoher angeflogen. Sie kreisten über dem Kopf, krähten beunruhigend,  schwangen laut mit den Flügeln, flogen agressiv immer niedriger. Niemand war in der Nähe. Ich bekam Angst.  Eine Krähe pickte die Staffelei an, setzte sich auf ihren Rand, schaute mich an und krähte.  Andere kreisten und ließen sich auf meinem Kopf nieder. Ich dachte:"Gleich werden sie mir die Augen auspicken. Sie sind viele". Woher sind sie gekommen? 
Ich machte mich schnell fertig und fuhr aus diesem merkwürdigen Dorf weg.
Bis heute kann ich nicht verstehen, warum mich die alte Efimka fortgejagt hat.