Das wechselvolle Schicksal der Kosaken

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Kosaken, die wilden Reiter des Ostens, sind seit ihrem ersten Auftauchen im 15. Jahrhundert von einem Mythos umgeben. Ihre Geschichte ist reich an unseligen Koalitionen, vernichtenden Niederlagen, Flucht, Vertreibung und Verbannung. Die weitverbreitete Ansicht, wonach es sich bei den Kosaken um Nachkommen von aus Polen-Litauen und dem Moskowiter Russland in die unbesiedelten Steppen gefluechteten leibeigenen Bauern handelt, wird von der kosakischen Geschichtsschreibung entschieden abgelehnt. Die Kosaken sollen ein germanisch-slawisch-skythisches Mischvolk sein, das von Fluechtlingen aus den genannten Gebieten Zulauf erhielt. Erst unter Peter dem Grossen und Katharina der Grossen wurden die Donkosaken, die Saporoger Kosaken und die Uralkosaken unterworfen.

EINLEITUNG

Die meisten modernen Forscher auf dem Gebiet des Kosakentums stimmen darin ueberein, dass die im Russischen Kaiserreich (welches in seinen Grundzuegen bis zu Ende ein Staendestaat blieb),  lebenden Kosaken gegen Anfang des 20. Jahrhunderts eine Art Mittelding zwischen Volk und Stand darstellten. Das Bewusstsein ihrer eigenen ethnischen Identitaet  war noch nicht vollkommen aus ihrem Gedaechtnis gewichen, doch die Kosaken eigneten sich immer mehr die Vorstellung an, vor allem ein besonderer Stand mit spezifischen Rechten und Pflichten gegenueber dem Zarenreich zu sein. Von Moskau und St. Peterburg aus wurde wiederholt versucht, die Kosaken mal zu einer blossen Teilstreitkraft der Zarenwehrmacht bzw. Waffengattung der Reichsarmee (Kosaken-Truppen), mal zu einer irregulaeren Truppe in ihrem Bestand, zu einer Art der leichten Reiterei (neben Ulanen und Husaren) bzw. zu einer Kriegerkaste (wie etwa die Sikhs in Britisch-Indien)  und schliesslich zu einem Stand (neben dem Adels-, Priester-,  Kaufmanns-, Buergerstand und anderen Staenden) zu machen.  Es fragt sich jedoch, inwieweit die Kosaken als Volk oder Stand im Falle einer linearen Weiterentwicklung des Russischen Reiches  ohne  revolutionaere Katastrophen ueberhaupt lebensfaehig gewesen waeren. Drohte ihnen die unvermeidliche Perspektive, auch ohne revolutionaere Kataklysmen im Laufe der Zeit in der Gesamtmasse der russischen Reichsbevoelkerung aufzugehen?

DIE KOSAKEN IM ZARENREICH

Obwohl die 200jaehrige Politik der russischen Zaren, die darauf gerichtet war, das eigenstaendige Volksbewusstsein der  Kosaken allmaehlich auszuloeschen und das Kosakenvolk in den Kosakenstand "umzuschmelzen", bei den Kosaken Unmut erweckte, spielten die dadurch geschaffenen Staendeschranken die Rolle einer gewissen Barriere gegen die Assimilierung der nicht besonders zahlreichen Kosaken in der Masse der uebrigen Zarenuntertanen. Die sozialwirtschaftliche Entwicklung des grossrussischen Staates und die entsprechende rechtliche Gleichstellung aller Mitglieder seiner Gesellschaft sollten aber frueher oder spaeter alle staendischen Schranken und Unterschiede abschaffen.

Wenn es also den Kosaken beschieden sein sollte, auch weiterhin als Stand im fortbestehenden grossrussischen Zarenreich zu existieren, waere im Zuge des Verschwindens aller staendischen Schranken auch das Kosakentum als besondere Bevoelkerungsgruppe des Russischen Zarenreiches unvermeidlich in dessen gesamten Bevoelkerungsmasse verschwunden. Folglich bot die Abkapselung im Rahmen eines eigenen Standes den Kosaken als Volksgruppe keine Zukunftschancen. Ihre einzige Ueberlebenschance in der Hinwendung zur Selbstidentifizierung auf ethnischer Basis.
   
Die Moskauer und St. Petersburger Zarenbehoerden waren indessen jahrhundertelang eifrig darum bemueht, eben dagegen geistige und gesetzliche Barrikaden zu errichten. Die kosakischen Stammeseliten wurden in den Reichsadelsstand erhoben und zu treuen Zarendienern gemacht, die mit der nichtkosakischen, recht multinationalen grossrussischen "Adelsnation" verschmolzen. Anderseits wurde die Kosaken-Selbstverwaltung abgeschafft. Waehrend die Atamane (Anfuehrer) vorher von den Kosakenversammlungen gewaehlt und auf das Kosakentum vereidigt worden waren, wurdensie nunmehr durch vom Zaren benannte hohe Militaers ersetzt, die keine geborenen Kosaken waren und diese nur als dem Grossreich nuetzliche Wehrbauern betrachteten und behandelten.

Zu Beginn des Ersten Weltkrieges bildeten die im Zarenreich lebenden Kosaken elf Kosakenheere bzw. Wehrbauerngebiete mit insgesamt 4 500 000 Einwohnern, die zwischen dem Schwarzen Meer und dem Stillen Ozean entlang Russlands Suedgrenzen lagen. Das zahlreichste unter den Kosakenheeren war das Gebiet der Donkosaken mit 1 400 000 kosakischen )und fast ebensovielen nichtkosakischen) Einwohnern. Dazu gehoerten ausserdem noch 32 000 Kalmueken (ein den Mongolen verwandtes, sich im Unterschied zu den christlichen Kosaken zur lamaistischen Form des Buddhismus bekennende Volk), die ebenfalls den Kosaken-Erbstatus besassen. Das zweitstaerkste Heer stellte das Gebiet der Kubankosaken (1 214 000 Einwohner). Hinzu kamen die Kosakenheere von Terek (235 000 Einwohner), Astrachan, Ural, Orenburg, Sibir(ien),  Semiretschje, Sabajkalje (Transbaikal)  und Amur sowie das in Aufstellung begriffene Jenissej-Kosakenheer. Ausserdem war in Jakutien ein 3000 Mann starkes Kosakenregiment stationiert.

Von den elf Kosaken-Heeresgemeinden waren historisch gesehen nur vier - das Don-, das Terek-, das Kuban- und das Ural-Kosakenheer (die sogenannten "aelteren Kosakenheere") als ethnisch-kulturelle Gruppen  im erwaehnten Sinn entstanden. Die uebrigen_ von der Zarenregierung aus zwangsuebersiedelten Kosaken der aelteren Kosakenheere sowie aus Soldaten nichtkosakischer Abstammung nach und nach in neu erschlossenen Gebieten gebildeten Kosakenheere waren gemischter Abstammung und sollten korrekterweise eher als Sozialgruppen auf Kosakenbasis betrachtet werden. Nichtdestotrotz bildeten alle Kosakengemeinden geschlossene Erbkasten. Um Kosak zu sein, musste man in eine Kosakenfamilie hineingeboren werden. Nur die Zarenregierung konnte einen Nichtkosaken in den Kosakenstand erheben (aehnlich wie bei der Erhebung in den Adelsstand).

Jeder Kosak war zum 18jaehrigen Kriegsdienst verpflichtet  (wobei er nur die ersten drei Jahre kaserniert war). Als Gegenleistung fuer den Kriegsdienst genossen die Kosaken persoenliche und kollektive Vorrechte. Jedes Kosakenheer war autonom und hatte ein eigenes Budget, woraus die Kosaken ihre Einnahmen bezogen und Steuern entrichteten. Jeder Kosak hatte Anrecht auf ein Grundstueck, das je nach Rang, Verdienst und Verantwortung unterschiedlich gross war. Nichtkosakische Zaren-Untertanen, die in die Kosaken-Stammgebiete einwanderten )sogenannte "Inogorodnije", d.h. "Fremdstaedter", welche keinen Erblichen Kosakenstatus besassen), konnten dort kein Land erwerben, sondern mussten es bei den Kosaken pachten - was stets fuer Unmut sorgte, der mit der steigenden Anzahl dieser Einwanderer immer staerker wur.

Das erwaehnte Interesse der zaristischen Regierung am Erhalt des Kosaken erklaerte sich u.a. auch daraus, dass ein Kosakenrekrut billiger war als ein Normalrekrut. Jeder Kosak erschien zum Waffendienst mit eigenem Reitpferd und eigenem Zaumzeug. Die Kosaken galten als treue Zarendiener und furchtlose Krieger.

Zu Beginn des Ersten Weltkrieges bildeten die Kosaken eine ansehnliche Streitmacht. Anfangs kamen sie an der Front als leichte Reiterei zum Einsatz. Es stellte sich jedoch bald heraus, dass sich ihre hoechst beweglichen, zur Ermattung des Gegners bestimmten Einheiten, nur schlecht fuer den Stellungskrieg eigneten. Viele Kosaken-Reiterregimenter wurden daher zu Infanterieeinheiten umfunktioniert und fuellten die unendlich langen Schuetzengraeben des Weltkriegs, wo sie sich jedoch nicht minder tapfer schlugen als zu Pferde.

ZWISCHEN WEISS UND ROT

Da die Kosaken ihren Treueeid seit alters her dem Zaren (und nicht dem russischen Staat als solchem) schworen, lockerten sich nach der Entmachtung von Zar Nikolaus II. durch die Februar-Revolution die Treuebande an Russland im Bewusstsein vieler Kosaken immer mehr.  Nach dem mit deutscher Hilfe erfolgten bolschewistischen Umsturz 1917 und Beginn des Buergerkriegs in Russland, wandten sich die meisten (obgleich bei weitem nicht alle) Kosaken gegen die Bolschewisten. Es waren ausgerechnet Donkosaken unter ihrem General und spaeteren Ataman Pjotr Krasnow, die Ende Oktober/Anfang November 1917 vergeblich versuchten, den von den Bolschewiken aus dem roten Petrograd nach Gatschina geflohenen Ministerpraesidenten und Chef der gestuerzten liberaldemokratischen Provisorischen Regierung Russlands, Alexander Kerenskij, wieder an die Macht zu bringen. Vor allem die Kosakenfuehrer erhofften sich von den antikommunistischen "grossrussischen" Weissen die Wiederherstellung der ihrer Autonomie, die seitens der autoritaer-zentralistischen und traditionsfeindlichen roten Machthaber nicht zu erhoffen war.

In den Buergerkriegsjahren 1917-1921 bildeten die Kosaken das Rueckgrat und die Hauptstosskraft aller "weissen" Regierungen und kaempften mutig  an allen Fronten gegen die Bolschewiken. Die letzten weissen Truppen, die den Roten erbitterten Widerstand leisteten, waren das Kosakenheer des Atamans Grigorij Semjonow im Transbaikalgebiet sowie die aus Kosaken bestehende Asiatische Reiterdivision des baltendeutschen Generalleutnants Roman Freiherr von Ungern-Sternberg in der Mongolei.

All diese Jahre befanden sich die Kosaken jedoch in einer hoechst schwierigen Lage. Ihr Verhaeltnis zu den grossrussisch denkenden weissen Generaelen blieb  stets gespannt. In ihren traditionellen Siedlungsgebieten fielen sie jedoch bald der bewaffneten Sowjetaggression zum Opfer, deren Folgen durch die Feindschaft der nichtkosaksichen Einwohner, welche nach ihrem Land und Besitz trachteten, zusaetzlich verschaerft wurde. Dennoch entstand 1918 in Gebiet des Donkosakenheeres der erste unabhaengige Kosakenstaat mit dem bereits erwaehnten Zarengeneral  Krasnow an der Spitze. Ein zweiter Versuch erfolgte im Gebiet des Kubankosakenheeres, dessen Unabhaengigkeit von der Kuban-Rada (einem Kosakenparlament) proklamiert wurde. 1920 schlossen die Don-, Kuban- und Terekkosaken einen Dreibund ab. In den Jahren 1917/18 versuchten die antibolschewistisch gesinnten kaukasischen Bergvoelker, eine Foederation mit den Kosaken zu bilden.  Auch die unabhaengige Ukraine mit dem zum Hetman (Ataman)  gewaehlten Zarengeneral Pawel Skoropadskij an der Spitze versuchte (bis Ende 1918 unter Schutz der Besatzungsmaechte Deutschland und Oesterreich-Ungarn), das "freie Kosakentum" ("Wilnoje Kosaztwo") in seiner einstigen Bedeutung wiederherzustellen. Alle diese Kosakenstaaten, die vergeblich auf ihre Anerkennung seitens der siegreichen Entente-Maechte und sogar die Aufnahme in den Voelkerbund hofften, erwiesen sich jedoch als kurzlebig und wurden teils durch die Bolschewiken, teils durch grossrussisch-autoritaere weisse  Generaele eliminiert. So wurde z.B. der Kuban-Rada-Vorsitzende Nikolaj Rjabowol 1919 als "kosakischer Separatist" von einem grossrussischen weissen Offizier erschossen. Ein anderes Kuban-Rada-Mitglied, der Priester und Delegierte zur Pariser Friedenskonferenz Alexej Kulabuchow, der sich um ein Buendnis mit dem antibolschewistischen Medshlis (Parlament) der kaukasischen Bergvoelker bemuehte, wurde 1919 auf Weisung des Befehlshabers der weissen Streikraefte Suedrusslands, General Anton Denikin, oeffentlich gehaengt.

Waehrend der fluchtartigen Evakuierung von Denikins Weissen vom Schwarzmeerhafen Noworossijsk 1920 wurden grosse Teile der Kosakenverbaende im Stich gelassen. Die verratenen Kosaken sahen sich gezwungen, der Roten Armee beizutreten und am Sowjetisch-Polnischen Krieg 1920 teilzunehmen, vornehmlich in den Reihen der 1. Reiter-Armee des spaeteren roten Marschalls Semnon Budjonnyj (eines im Donkosakengebiet aufgewachsenen "Fremdstaedters"). Im Buergerkrieg  (wie spaeter auch im Zweiten Weltkrieg) gab es allerdings auch andere rote Kosakenverbaende. Vor allem weniger bemittelte Kosaken liessen sich durch die bolschewistische Parole "Expropriierung der Expropriateure"  dazu verlocken, sich auf Kosten ihrer wohlhabenderen Standesgenossen zu bereichern.  So kaempften das Rote Kosakenkorps des Donkosaken Filipp Mironow sowie die rote 2. Reiterarmee des "Fremdstaedters" Boris Dumenko gegen die weissen Kosaken. Die roten Kosaken rebellierten zwar spaeter, wurden jedoch von Lenin- und Trotzki-treuen Rotarmisten geschlagen, entwaffnet und dezimiert, ihre Kommandeure erschossen. Das gleiche Schicksal ereilte auch den Kubankosaken und Befehlshaber der roten 11. Sowjetarmee im Nordkaukasus Iwan Sorokin, der zuerst den ihm uebergestuelpten bolschewistischen revolutionaeren Kriegsrat erschiessen liess, dann jedoch ueberrumpelt und 1918 als "Konterrevolutionaer" erschossen wurde.

Die allgemeine Niederlage der weissen Armeen bedeutete das endgueltige Ende der traditionellen Kosakengemeinden, deren ethnische Eigenart von den Bolschewisten nie anerkannt wurde. Alle autonomen Kosakenstrukturen wurden mit Rumpf und Stiel ausgerottet, die Kosaken zuerst "entkosakisiert", danach zwangskollektiviert und schliesslich durch Stalins Terrormaschine dezimiert.

Kleine Kosaken-Einzelgruppen leisteten jedoch bis in die 1920er und sogar 1930er Jahre in schwer zugaenglichen Terek- und Kubangebieten Widerstand. Einige dieser Guerillakrieger sollen sich bis zum Vorstoss der deutschen Wehrmacht in die traditionellen Kosaken-Gebiete im Sommer 1942 gehalten haben.

AN DEUTSCHER SEITE

Am 23. Juni 1941, einen Tag nach Beginn des deutschen Feldzugs im Osten, rief der im deutschen Exil lebende General Pjotr Krasnow, Oberster Ataman der Donkosaken im russischen Buergerkrieg (bis 1919, da er durch den deutschfeindlichen und Entente-freundlichen Generalleutnant Afrikan Bogajewskij abgeloest wurde), die ueber ganz Europa verstreuten weissen Kosaken sowie die im Sowjetmachtbereich verbliebenen Kosaken zur Wiederaufnahme des bewaffneten Kampfes gegen den Bolschewismus an deutscher Seite auf. General Krasnow hatte durch seinen Kampf gegen die Mittelmaechte im Ersten Weltkrieg sowie gegen die  Sowjets im Russischen Buergerkrieg unter den "weissen" Kosaken hohes Ansehen erreicht. Daher fand der Aufruf des Atamans sowie anderer Kosakenaktivisten bei vielen Exilkosaken breiten Widerhall, die auch andere "weisse" Exilrussen zur Wiederaufnahme  ihres Kampfes gegen die Roten ermunterten, welche ihn als "Zweiten Russischen Buergerkrieg" betrachteten.

So schlug General Michail Skorodumow, Chef der Russischen Vertrauensstelle im deutsch besetzten Serbien, wenige Tage nach Krasnows Appell deutschen Besatzungsbehoerden vor, aus "weissen" Emigranten eine russische Freiwilligendivision fuer den Ostfronteinsatz aufzustellen. Skorodumow wurde deutscherseits die Aufstellung einer bewaffneten Schutzgruppe genehmigt, um die in Serbien wohnhaften russischen Emigrantenfamilien vor dem Terror der roten Tito-Partisanen zu beschuetzen. Im Kriegsverlauf wurde im Rahmen des russischen Balkan-Schutzkorps, das Ende 1942 in die deutsche Wehrmacht uebernommen wurde, ein Kosaken-Freiwilligenregiment unter dem Kommando des weissen Buergerkriegsveteranen General Viktor Sboroswkij aufgestellt. Dieses 1. Kosaken-Regiment erhielt gegen Ende 1944 mehr als 80 % aller an die Balkan-Korpskaempfer verliehenen Kriegsauszeichnungen. Ausser dem 1. Kosaken-Regiment, dessen Angehoerige sich zwar als Kosaken, jedoch zugleich auch als antibolschewistische  "grossrusische" Patrioten betrachteten, bestand im Schutzkorpsrahmen auch eine 380 Mann starke "Freikosaken-Kompanie"; deren Freiwillige sich nicht als Russen, sondern als Angehoerige einer selbstaendigen kosakischen Nation betrachteten und nicht fuer die Wiederherstellung des vorrevolutionaeren grossrussischen (Zaren-)Reiches, sondern fuer den Aufbau eines unabhaengigen Staates "Kasakia" ("Kosakien") mit deutscher Hilfe ins Feld zogen. Solche "Kosakisten" ("Kasakijzy") bildeten einen nicht unwesentlichen Teil der antibolschewistischen Exilkosaken. Auch die Kosakengeneraele Krasnow, Schkuro u.a., die vor Kriegsbeginn eher grossrussisch-zaristisch agierten und agitierten, tendierten im Kriegsverlauf allmaehlich in Richtung dieses Kosaken-Autonomismus und spaeter -Separatismus.

NACHKOMMEN DER GOTEN

Im Dezember 1942 erklaerte das deutsche Reichsministerium fuer die besetzten Ostgebiete unter dem ehemaligen russischen Untertanen Alfred Rosenberg die Kosaken offiziell zu Nachkommen des altgermanischen Stammes der Goten. Aus diesem Grund wurden die Kosaken fuer wuerdig erklaert, eigene Streitkraefte zur Bekaempfung des Bolschewismus an deutscher Seite aufzustellen sowie in Zukunft einen eigenen Staat unter grossdeutschem Protektorat zu bilden. Der unmittelbare Anlass war wohl die Verschlechterung der Lage am Suedfluegel der deutschen Front sowie der Wunsch, ein sicheres, freundliches Hinterland zu haben. Was aber waren die historischen Gruende fuer diese Erklaerung? Im 3./4. Jhd. n.Ch. lebten in den Schwarzmeersteppe die Westgoten (Wisigoten) und Ostgoten (Ostrogoten). Die Westgoten beherrschten den Raum zwischen der Donau und dem Unterlauf des Dniepr, die Ostgoten jenen oestlich des Dniepr-Unterlaufs. Die Ostgrenze ihres Siedlungsraumes ist nicht genau bekannt, dazu gehoerte jedoch sicherlich das Einzugegebiet des Asowschen Meeres. Folglich besiedelten die Ostgoten auch einen Teil des spaeteren Donkosakengebietes. Interessanterweise waren unter den Kosaken schon lange Vorstellungen verbreitet, wonach sie von den Goten abstammten. So begruendete z.B. der ukrainische Kosaken-Hetman Iwan Masepa waehrend des Nordischen Krieges 1709 seinen Entschluss, von Peter dem Grossen abzufallen und sich mit dem Schwedenkoenig Karl XII. zu verbuenden, mit dem Hinweis auf die wohlbekannte Abstammung der Kosaken von den alten Goten, so dass der Uebertritt auf die Seite Karls, der ja offiziell den Titel "Koenig der Schweden, Goten und Vandalen" trug, nicht als "Verrat" gelten konnte.

Auch in deutschen Wissenschaftlerkreisen dominierte noch vor Rosenbergs Erklaerung die Ansicht, die Kosaken seien ein urspruenglich germanisches Mischvolk, das den im Zuge der Voelkerwanderung ins Schwarzmeergebiet ausgewanderten Goten entstamme, die sich dann mit ebenfalls ausgewanderten Teilen der Sachsen sowie mit den nomadisierenden iranischen Saken (Skythen) vermischt und den Grundstock der spaeteren Kosaken gebildet haben sollen. Diese Meinung erscheint dem Verfasser des vorliegenden Artikels zumindest beachtenswert. Nicht von ungefaehr besteht im Wortschatz der Kuban- sowie der Donkosaken das derrussischen Sprache in all ihren Mundarten fehlende Verb "gutarit" ("reden", "sprechen"), welches ganz eindeutig auf den Stammesnamen deralten Goten (guts, gutans) zuzueckzufuehren ist.

Ausserdem wurde Rosenbergs Doktrin durch die Tatsache begruendet, dass waehrend des Siebenjaehrigen Krieges Saporoger Kosaken (Vorfahren der Kubankosaken) auf Seiten Friedrichs des Grossen gegen Russland kaempften, deren traditionelle Vorrechte und Freiheiten durch die russische Regierung vernichtet wurden. In guter Erinnerung behielten die Deutschen auch das Kriegsjahr 1918, als sie General Krasnows Donkosaken bei der Bekaempfung des Bolschewismus unterstuetzten.

DER "ZWEITE" RUSSISCHE BUERGERKRIEG

Seit 1941 traten die mit der Sowjetmacht unzufriedenen Kosaken erneut auf den Plan. Am 22. August 1941 trat der sowjetische Major Iwan Kononow (der seine Kosakenabstammung vor den Sowjets zu verheimlichen verstand und so den Repressalien entkommen konnte)  mit seinem Schuetzenregiment 436 auf deutsche Seite ueber. Kononow wurde eine Art "Kosaken-Wlassow", bevor Sowjetgeneral Andrej Wlassow in deutscher Gefangenschaft mit der Aufstellung seiner Russischen Befreiungsarmee ROA begann. Kononow erhielt von den Deutschen die Genehmigung, Kosakenstaemmige in russischen Kriegegefangenenlagern fuer den Freiwilligen-Dienst anzuwerben. Ab 19. Dezember 1941 stand  das Kosakenregiment 120 mit 77 Offizieren und 1799 Freiwilligen "halblegal" im Dienst der deutschen Wehrmacht. Erst im April 1942, im Vorfeld der Kaukasusoffensive, genehmigte Adolf Hitler offiziell die Existenz von Kosakeneinheiten im Bestand der Wehrmacht. Nach dem Einmarsch ins Nordkaukasusgebiet begann endlich das deutsche Experiment mit kosakischen Regierungsbehoerden, kosakischer lokaler Selbstverwaltung und Kosakenpolizei. Im Dezember 1942 folgte dann Rosenbergs bereits erwaehnte Erklaerung ueber die Kosaken als Gotennachkommen.

HELMUTH VON PANNWITZ

Der wohl bekannteste an deutscher Seite kaempfende Kosakenverband war das XIV./XV. Kosaken-Kavallerie-Korps der deutschen Wehrmacht, das auf der Basis der 1. Kosaken-Kavallerie-Division entstand. Ihr Kommandeur war der deutsche Generalleutnant Helmuth v. Pannwitz. Er wurde am 14. Oktober 1898 auf der Domaene Botzanowitz im oberschlesischen Kreis Rosenberg geboren. In unmittelbarer Naehe des elterlichen Gutshauses bildete der kleine Fluss Lisswarthe die Grenze zum kaiserlichen Russland. Die Kindheit des spaeteren Kosakenbefehlshabers war gepraegt von Kontakten zu einer auf der russischen Flussseite liegenden Grenzkosakenabteilung, die den Jungen mit ihren Reiter- und Saebelvorfuehrungen begeisterte. Im Ersten Weltkrieg erhielt er das EK II und das EK I. Nach Kriegsende folgte der Einsatz in verschiedenen Freikorps zum Schutz der deutschen Ostgrenze und gegen Spartakus.

Um mit Helmut Moeller, Veteran des Kosaken-Kavallerie-Korps v. Pannwitz, zu sprechen:

"Genauso wie mit uns die Kosaken Seite an Seite (gegen die Bolschewisten im Zweiten Weltkrieg – W.A.) kaempften,  haben unsere Vaeter in den Freikorps 1918-1923 gegen die Spartakisten gekaempft und uns somit vor einem kommunistischen System bewahrt. Sie haben nicht fuer Hitler-Deutschland, sondern gegen das bolschewistische System gekaempft. Sie wollten freie Buerger im ihrem Vaterland sein (…) So kaempfte v. Pannwitz an der Seite Erhardts in Berlin und Oberschlesien, mein Vater beim Stahlhelm Franz Seldtes. Diese Maenner fuehrten einen Heldenkampf und verhinderten, dass die Weltrevolution von der roten Armee nach Deutschland getragen wurde. Zusammen mit der Reichswehr hatten sie 1923 die Ordnung wiederhergestellt und einen Umsturz verhindert und somit die Demokratie verteidigt."

Nachdem v. Pannwitz beim Reiterregiment 7 in Breslau mehrere Reserveuebungen geleistet hatte, wurde er 1935 als Rittmeister und Schwadronchef im Reiterregiment 2 in Angerburg reaktiviert. Seine weitere militaerische Laufbahn fuehrte den inzwischen zum Major befoerderten v. Pannwitz 1938, nach erfolgtem Anschluss Oesterreichs an das Deutsche Reich, zum frisch aufgestellten Kavallerieregiment 11 nach Stockerau unweit Wien. Bei Kriegsbeginn zog er als Kommandeur der neugebildeten Divisionsaufklaerungsabteilung 45 nach Polen, wo er sich die Wiederholungsspangen des Eisernen Kreuzes verdiente.

Bereits zu Beginn des Feldzuges gegen die Sowjetunion stellte der kuenftige Feldataman aller Kosakenheere abermals seine Tapferkeit und Umsicht unter Beweis, so dass ihm am 4. September 1941 das Ritterkreuz verliehen wurde. Sein Fuehrungsstil war von der Maxime gepraegt, moeglichst grosse Erfolge mit moeglichst geringen Verlusten herbeizufuehren. Im November 1941 musste er das Kommando ueber seine Vorausabteilung wegen Ischiasleidens abgeben und wurde Anfang 1942 zur Ausarbeitung von Vorschriften fuer die Schnelle Truppe ins OKH versetzt. Diese Zeit nutzte der im April 1942 zum Oberst befoerderte v. Pannwitz, um seinen Wunschtraum von einer eigenstaendigen Kosakeneinheit zu verwirklichen. Die Kosaken waren ja bis zum Ende ihres "Ersten" Buergerkrieges gegen die Sowjets eine Kerntruppe der "weissen" Streitkraefte gewesen, weswegen sie unter der Sowjetmacht grausam verfolgt, dezimiert, verbannt und ausgehungert wurden. Daher wurde der Einmarsch der deutschen Truppen in die Kosakengebiete an Don, Kuban, Terek und Wolga von sehr vielen dort verbliebenen Kosaken (und Nichtkosaken) al Befreiung empfunden. Nicht wenige Kosaken  (und Nichtkosaken) waren bereit, in den Reihen der deutschen Wehrmacht gegen die bolschewistischen Unterdruecker zu kaempfen. Sie waren weder "Nazis" noch "Faschisten", sondern hofften, dadurch eine Eigenstaendigkeit erringen zu koennen. Von Pannwitz, dem seit seiner Jugend im deutsch-russischen Grenzgebiet das Wesen der Kosaken gut vertraut war, erkannte (gleich anderen  weitsichtigen deutschen Offizieren und Generaelen) die grossen Moeglichkeiten, die sich daraus ergaben. Gegen den Widerstand des Reichsfuehrers-SS Heinrich Himmler, zu dessen Rassenwahnideen diese Vorstellungen nicht passten (obwohl er spaeter, viel zu spaet, infolge der Kriegsereignisse umdenken musste), erhielt v. Pannwitz im September 1942 den Auftrag, sich im Kosakengebiet ueber die Aufstellung groesserer Kosaken-Freiwilligenverbaende zu informieren. Tatkraeftige Unterstuetzung erhielt er hier von den Generaelen Ernst Koestring, Kurt Zeitzler und Ewald v. Kleist.

Mit dem deutschen Rueckzug im Osten Anfang 1943 zogen Tausende Kosaken mit Familien in Richtung Westen. Gleichzeitig wurden in der deutschen Fuehrung Plaene zur Aufstellung einer ganzen berittenen Kosakendivision entworfen. Im Maerz 1943 wurde in Mielau mit der 1. Kosaken-Kavallerie-Division bzw. 1. Kosaken-Division, der erste kosakische Grossverband des deutschen Heeres aufgestellt. Zur Fuehrung dieser Division war keiner besser geeignet als der im Juni 1943 zum Generalmajor befoerderte v. Pannwitz, der das Vertrauen seiner Kosaken wie des deutschen Rahmenpersonals sehr schnell gewann.

Hermann Moeller schrieb in seinen Erinnerungen: "Wir kaempften Seite an Seite mit den Kosaken, der Bolschewismus hatte ihnen alles genommen. Sie wurden aus ihren Doerfern vertrieben. Vater verschossen, Mutter starb an Hungertod. Sehr viele von ihnen haben vorher in sibirischer Verbannung gelebt, und nun waren sie den Kommissaren des M.W.D. Stalins hoffnungslos ausgeliefert. Die Kosaken lebten vor der kommunistischen Machtergreifung in ihren Doerfern in einer Art militaerischer Selbstverwaltung. Der Stamm der 6. Schwadron Kuban 4 (des Kuban-Kosaken-Reiterregiments 4 in der 1. Kosaken-Kavallerie-Division sowie im spaeteren  Kosaken-Kavallerie-Korps v. Pannwitz, wo Hermann Moeller diente – W.A.) bestand aus Kaempfern, die fast alle aus einem und demselben Dorf stammten. Sie suchten den Kampf gegen dieses bararische System. Wie grauenhaft es wirklich war, haben wir selbst nach unserer Auslieferung durch die Englaender als Gefangene in Sibirien erfahren muessen…“ Nach dem deutschen Rueckzug im Osten folgten den abziehenden Deutschen ganze Trecks von Fluechtlingen, die ihre Kosakensiedlungen mit Hab, Gut, Frau und Kind verliessen, um den Sowjets zu entkommen, von denen sie als "kollaborateure" nichts Gutes zu erwarten hatten.

Im Herbst 1943 wurde Pannwitzs Kosaken-Grossverband in den Balkanraum verlegt. Das Einsatzgebiet der Kosaken wurde das mit Deutschland verbuendete  Kroatien, wo sie die Tito-Partisanen erfolgreich bekaempften und es gegen Kriegsende, nach dem jaehen Frontwechsel der vorherigen verbuendeten des Deutschen Reiches Rumaenien und Bulgarien sogar mit vordringenden Truppen der roten Sowjetarmee aufnahmen. Im Januar 1945 wurde der inzwischen zum Generalleutnant ernannte deutsche Kosakenbefehlshaber (dem vor allem der Oberste Donkosaken-Ataman General Pjotr Krassnow,  der Kuban-Kosaken-Heeres-Ataman Wjatscheslaw Naumenko und der Kubankosaken-Heeresataman Wjatscheslaw Naumenko und der Kubankosakengeneral Andrej Schkuro als Inspiratoren und Berater beistanden) vom  vom Allkosaken-Ring (Wsekasatschij Krug, d.h. "Kongress"),  in Virovitica zum "Obersten Feldataman aller Kosakenheere" gewaehlt. Die Stellung eines Ataman aller Kosaken hatte im kaiserlichen Russland seit 1835 der Kronprinz innegehabt. Nun aber wurde mit Generalleutnant v. Pannwitz erstmalig  in der gesamten Geschichte des Kosakentums ein deutscher Offizier mit dieser hoechsten Kosakenwuerde bekleidet.  Durch diese Wahl kam die ganze Groesse der ihm von seinen Kosaken entgegengebrachten Verehrung zum Ausdruck. Seit dem 1. Februar 1945 unterstand dem derart ausgezeichneten v. Pannwitz als Kommandierendem General das in der Aufstellung begriffene  XIV. (kurz danach XV.) Kosaken-Kavallerie-Korps mit zwei berittenen Divisionen und einer Plastun- (Infanterie-)Brigade (die bis zur 3. Division aufgestockt werden musste, wozu es jedoch wegen der Kriegsereignisse nicht kommen sollte).

Es wurde lange (und wird immer noch) ueber die angebliche Zugehoerigkeit des XV. Kosaken-Kavallerie-Korps zur Waffen-SS spekuliert. Derartige Behauptungen findet man auch heutzutage  ziemlich oft nicht nur in Medienberichten, Zeitungs- und- Magazinartikeln, sondern sogar in Fachbuechern und Lexika (auch im deutschsprachigen Raum).  Indessen liegen dem deutschen Bundesarchiv/Militaerarchiv  in Freiburg liegen eindeutige Informationen ueber die Zugehoerigkeit des XV. Kosaken-Kavallerie-Korps nicht zur Waffen-SS, sondern zum deutschen Heer (REICHSHEER, unter RH 71 im Bestand des Bundesarchivs/Militaerarchivs in Freiburg) vor. Diese Unterlagen koennen von jedem Interessenten an der Geschichte des XV. Kosaken-Kavallerie-Korps eingesehen werden. Das Gleiche gilt fuer die dort vorliegenden persoenlichen Erklaerungen (Eidesstaatliche Erklaerungen etc.).

Im Unterschied zu Angehoerigen anderer vornehmlich aus ehemals Sowjetbuergern bestehender, an deutscher Seite kaempfender Ostfreiwilligenverbaende, deren Waffen-SS-Zugehoerigkeit als unbestritten gilt, wie z.B. der russischen Waffen-SS-Divisionen 29. "RONA" (auch als Brigade bzw. Division Kaminski oder "Russische Volksbefreiungsarmee" bekannt), und  30 (russische bzw. weissruthenische oder weissrussische Nr. 2), des "Osttuerkischen Waffenverbandes der SS", der Russischen SS-Brigade "Drushina", des Russischen SS-Regiments "Warjag" ("Waraeger“), der Nordkaukasischen und Armenischen Legion der Waffen-SS u.a.m., wurden die Pannwitz-Kosaken nie aus Waffen-SS-Bestaenden besoldet, bewaffnet, ausgeruestet und verpflegt.  Sie wurden nicht in den Waffen-SS-Listen gefuehrt. Die K.K.K.-Kosaken trugen keine SS-Uniformen, sondern nur ihre eigenen kosakischen, russisch-zaristischen bzw. die der deutschen Wehrmacht.

Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges lag v. Pannwitzs stark angegriffene, jedoch immerhin gut 20 000 Mann umfassende Kosakeneinheit (die er im letzten Augenblick den KONR-Streitkraeften zurechnen liess)  am Suedufer der Drau. Da der Kosakenfuehrer wusste, was seinen Kosaken im Falle ihrer Gefangennahme durch die Sowjets bevorstand, versuchte er, das bereits von den  englischen Truppen besetzte oesterreichische Kaernten zu erreichen, wo er am 9. Mai auf die 11. Britische Panzerdivision traf.  Am 13. Mai kapitulierte v. Pannwitz nach Verhandlungen mit dem Kommando der 8. britischen Armee bei Voelkertmarkt in Kaernten. Vor der Entwaffnung liess er in Anwesenheit englischer Offiziere zum letzten Mal zu Klaengen des Prinz-Eugen-Marsches (Marsch des XV. KKK) seine Kosaken hoch zu Pferde an sich vorbeiziehen, um sie schliesslich offiziell ihre Waffen den Briten uebergeben zu lassen.  In den folgenden Tagen eilte v. Pannwitz von Lager zu Lager, um seinen Kosaken beizustehen und ihre Interessen bei den britischen Militaerbehoerden zu vertreten. Noch am 24. Mai 1945 erhielt der deutsche General und Kosaken-Feldataman und von den Briten die feste Zusicherung, dass sie die Kosaken nicht an die Sowjets uebergeben werden wuerden.

AUSLIEFERUNG UND VERNICHTUNG DER KOSAKEN

Es sollte sich bald herausstellen, wie "gentlemanlike" dieses britische Ehrenwort eingeloest werden sollte. Einen Tag zuvor hatten die Englaender naemlich mit den Sowjets ein Uebereinkommen zur "Repatriierung", also zur Auslieferung, getroffen. Die englischen Bewacher begannen entgegen jeder Menschlichkeit am 27. Mai 1945 entgegen der getroffenen Vereinbarung und unter offensichtlicher Verletzung der Bestimmungen der Genfer Konvention,  mit der Umzingelung der einzelnen Kosakenlager und dem gewaltsamen Abtransport der gefangenen Kosaken (viele von denen mitten aus dem christlich-orthodoxen Gottesdienst brutal herausgegriffen wurden) nach Graz, wo die Verzweifelten unter Anwendung groebster Gewalt an die Bolschewisten ausgeliefert wurden. Viele Kosaken wurden sofort auf dem Gelaende des nahegelegenen Huettenwerks erschossen. Zur gleichen Zeit wurden bei Lienz rund 20.000 Kosaken der von den Generaelen Andrej Schkuro, Pjotr Krasnow und Timofej Domanow befehligten Ersatzformationen (XV. K.K.K.– Kosakenreserve) sowie des Kosaken-Feldlagers (Kasatschij Stan), die sich samt Frau, Kind, Hab und Gut aus den ihnen zugewiesenen norditalienischen Siedlungsgebieten gerettet hatten, und fast ebenso viele Zivilisten, die bei Kriegsende in Norditalien lagen, wo ihnen gemaess einem deutsch-italienischen Regierungsabkommen neue Siedlungsgebiete gewaehrt wurden, von den Briten an die Sowjets ausgeliefert (nicht viel anders wurden die gefluechteten Kosaken auch von den Amerikanern in Bayern behandelt).  Auch hier spielten sich erschuetternde Szenen ab. Viele Kosaken und ihre Frauen und Kinder, zogen den Freitod dem bevorstehenden Sowjetterror vor und stuerzten sich zu Hunderten in die Drau. Noch vorher wurden die Kosakengeneraele und -offiziere mit Ataman Krasnow an der Spitze von den Briten zu einer angeblichen Lagebesprechung nach Judenburg gelockt, wo sie alle entwaffnet und den Bolschewisten uebergeben wurden (einschliesslich des mit dem britischen Bath-Orden dekorierten Kosakengenerals und somit englischen Ritters Sir Andrej Schkuro). Dieses Unrecht stellt einen Schandfleck in der Geschichte der britischen Armee dar. Als deutscher Staatsbuerger entging General  v. Pannwitz der Auslieferung an die Bolschewisten und landete im britischen Kriegsgefangenenlager landen. Als Ehrenmann zog er es jedoch vor, bei seiner Kosakentruppe zu bleiben. Das deutsche Rahmenpersonal wurde von ihm vor die freie Wahl gestellt, folgte jedoch groesstenteils seinem geliebten Kommandeur.

Im Sommer 1945 wurden sowohl die kosakischen als auch die meisten deutschen ueberlebenden Soldaten des Kosaken-Kavallerie-Korps von den Sowjets nach dem Ural sowie nach Workuta in Sibirien abtransportiert, wo sehr viele von ihnen umkamen. Von der rund 1000  ausgelieferten Angehoerigen des deutschen Rahmenpersonals  des XV. K.K.K. ueberlebten nur 250 die sowjetische Kriegsgefangenschaft.

Generalleutnant  v. Pannwitz wurde zusammen mit anderen Kosakengeneraelen ins beruechtigte Moskauer Lubjanka-Gefaengnis gebracht. Das Militaerkollegium des Obersten Gerichts der UdSSR befand ihn sowie fuenf weitere Kosakengeneraele (Pjotr Krasnow, dessen Neffen Semjon Krasnow, Andrej Schkuro, Sultan Keletsch-Girej, Timofej Domanow) der "Spionage-, Diversions- und Terroraktivitaeten gegen die Sowjetunion"  fuer schuldig und verurteilte alle "Staatsverraeter"  (obwohl die Angeklagten ausser Domanow nie sowjetische Staatsbuerger gewesen waren)  zum Tode durch den Strang. Der Kosakenveteran Sergej von Spakowsky, ehem. Rittmeister des Kosaken-Reiter-Regiments 2 im XV. K.K.K., fuehrt aus: "Generalleutnant Helmuth von Pannwitz stand an massgeblicher Stelle im letzten Krieg als Kommandierender General des XV KOSAKEN-KAVALLERIE-KORPS und von den Kosaken zu Beginn des Jahres 1945 auf dem All-Kosaken-Kongress zu Virovitica zum Obersten FELDATAMAN (Hauptfuehrer) aller Kosaken-Heere auserwaehlt. Da er fuer dieses Ziel starb, deswegen gilt fuer ihn das Bibelwort: "Ist aber unsere Stunde gekommen, so wollen wir ritterlich sterben, um unserer Brueder willen und unsere Ehre nicht lassen zu Schanden werden". Am 16. Januar 1947 wurde an General von Pannwitz das Urteil eines sowjetischen Militaergerichts vollstreckt, aber in unseren Herzen bleibt er unsterblich. Seine ehemaligen Kameraden werden ihn nie vergessen und immer ehren.
Buenos Aires 1973".

Durch diese Eigenschaften und durch sein tiefes Verstaendnis fuer das kosakische Wesen gewann er die Herzen seiner Kosaken, die ihn liebevoll "Batka Pannwitz" ("Papa Pannwitz"), "nasch Panko"  ("unser Panko", eine schmeichelnde Verballhornung von "Pannwitz") und "Batjuschka General" ("Vaetercher General") nannten und denen er selbst bis zum Tode treu ergeben blieb. So wie dieser Kosaken-Ritter ohne Furcht und Tadel zu Beginn seines Lebens Freundschaft mit den Grenzkosaken geschlossen hatte, so starb er nun den Opfertod fuer die deutsch-kosakische Soldatenkameradschaft. Die "weissen" Kosaken haben sich aber als selbststaendiger Faktor in der Weltgeschichte anscheinend fuer immer abgemeldet.

NACHSPIEL ODER NEUBEGINN?

1991 erliess der Oberste Sowjet Russlands ein auch heute noch gueltiges Gesetz "Ueber die Rehabilitierung der Repressalien unterzogenen Voelker", worin auch die Kosaken speziell als "Volk" erwaehnt wurden. 1992 folgte eine Verordnung "Ueber die Rehabilitierung des Kosakentums" (worin die Kosaken wiederum als "Volk" figurierten). Auch wurde von den Regierungen Russlands und Weissrusslands nach 1991 versucht, das Kosakentum in Form von peziellen polizeiaehnlichen und Armee-Einheiten sowie Grenztruppen unter Staatsaufsicht wiederzubeleben, doch ohne nennenswerten Erfolg. Auf diese vagen Versuche kann im Rahmen dieses Artikels nicht naeher eingegangen werden; sie haben mit Unabhaengigkeitssstreben der Kosaken wenig zu tun, weil sie dabei de facto als Teil des russischen Volkes betrachtet werden. Kuerzlich verkuendete die Vereinigung der Kosakenorganisationen Russlands, das "Gesellschaftliche Allkosaken-Zentrum" (WOZ), die Wiederherstellung der von der Russisch-Orthodoxen Kirche (RPZ) unabhaengigen autokephalen Orthodoxen Apostolischen Kosaken-Kirche (KPAZ). Der in Moskau durchgefuehrte KPAZ-Gruendungskongress fand am 30. November 2018, St. Andreas-Gedenktag, statt. Das WOZ betrachtet den Apostel Andreas als Taeufer der im Kaukasus- und Schwarzmeergebiet wohnhaften Vorahnen des Kosakenvolkes. Ihm zufolge bestand die auf die alten Goten zurueckgehende selbstaendige Kosakenkirche bis zum 18. Jahrhundert, als Peter I. und Katharina II. die Souveraenitaet des Kosakenvolkes eliminierten. Der WOZ-Richter K. Kosubskij erklaerte der Zeitung "NGR" gegenueber, der von der RPZ gebannte Kosaken-Hetman Iwan Masepa sei fuer die Kosakenkirche ein Held. Es bestuenden auch Gruende fuer die Heiligsprechung des ukrainischen Kosaken-Hetmans Bogdan Chmelnizkij sowie des Patriarchen der Kroatischen Orthodoxen Kirche Hermogenes Maximow (ehemaliger Erzpriester von Pjotr Krasnows Armee). Das WOZ bestehe auf der Rehabilitierung der Kosaken-Atamane G.M. Semjonow, G.A. Wdowenko, P.N. und S.N. Krasnow, A.G. Schkuro, H. v. Pannwitz und anderer Kosakenhelden. Es hoffe auf den Erhalt der KPZ-Autokephalie nach ukrainischem Beispiel von dem Oekumenischen Patriarchen Bartholomaeus von Konstantinopel. Dem WOZ zufolge besteht "der Grundstock der ukrainischen Bevoelkerung aus ethnischen Kosaken (...) Die Kosakenkirche mischt sich jedoch in die ukrainischen kirchlichen Angelegenheiten  nicht ein. DerWiederbelebungsprozess der Kosakenkirche startete auf dem Territorium der Russischen Foederation, wo die kirchliche Situation mit der ukrainischen nuvergleichbar ist". Vielleich ist das letzte Kapitel in der Geschichte des kosakischen Volkes doch noch nicht geschrieben...