Die dritte Haut

Åêàòåðèíà Ïåòåðñ 2
 
Auszug aus dem Roman.

Nachdem er die Asche aufgefegt und weggebracht hatte, legte er sich neben ihr. „Wie  geht es dir? Hast du Schmerzen?“  „ Nein, ist gut. Hatte mich mehr erschrocken.“ Sie  strich sich unbewusst ueber  den Bauch, der  schon gut sichtbar das Nachthemd woelbte.  „Ich habe mich auch erschrocken. Hoffentlich  ist dem Kind nichts passiert!“ Seine Stimme klang heiser. Sie musterte ihn aufmerksam: „Aber …du machst dir  Sorgen um das Kind?“  Er schwenkte sich auf den Ellenbogen und  sah  sie von oben an: „ Hoer mal, Antonia …  Ich  wuerde mir gern wuenschen, es waere alles anders gekommen zwischen uns. Nun hat das Schicksal uns aber auf diese …  unerwartete Weise zusammengefuehrt.  Wer weiss, ob du unter anderen Umstaenden mich heiraten wuerdest … Vielleicht sollten  wir dankbar sein und das beste daraus machen. Ausserdem kann dieses Kind nichts dafuer …“  Selten zeigte er seine Gefuehle so offen. Er legte sich wieder auf den Ruecken und schloss die Augen.
In den   Monaten, die sie jetzt zusammen waren, hatte er sie noch nicht angeruehrt.  Bei jedem Annaeherungsversuch, so sehr sie sich auch bemuehte,  baute sich eine  unsichtbare Wand  zwischen ihnen auf.  Antonias Herz raste,  das Blut schoss ihr in den Kopf, und sie fand sich versteift, die Faeuste vor der Brust verkrampft wieder. Wie schwer es im fallen muesste, wurde Antonia jetzt bewusst. Eine tiefe Dankbarkeit stieg in ihr hoch, so, dass sie den Atem anhalten musste. Sie hob ihre Hand und beruehrte ihn ganz vorsichtig an der Stirn, dann die Augenbrauen.  Verunsichert durch die unerwartete Beruehrung, lag er ganz still. Langsam betastete sie mit  ihren schmalen  Fingern  die tiefe Sorgenfalte, als ob sie sie glaetten wollte, dann die Nase entlang bis zur Spitze. Er hatte eine lange, grade Nase, leicht buckelig. Der dichte, aber akkurat gestuetzte  Bart verdeckte  fast seine Lippen. Noch nie sah sie ihn so nah. Noch nie sah sie einen Mann so nah. Sie schaute  ihm direkt in die  Augen, deren Iris wie eine Anhaeufung von Eiskristallen aussah. Ueberraschend schoen,  von dichten Wimpern umrahmt, schauten sie ihr entgegen. Sie senkte die Augen, diesem Blick standzuhalten fehlte ihr noch der Mut.  Seine Haut war warm und der Bart weich, das waren  ganz neue Erfahrungen fuer sie, jemanden so nah zu spueren,  zu riechen und zu fuehlen, noch nie hatte sie es erlebt. Der  ganz ploetzlich entflammte Wunsch ihn zu besitzen und auch ihm zu gehoeren machte sie verlegen. Ihre Hand fuhr durch seine Haare, beruehrte die Schulter, die starke Brust und auf einmal  wieder seine Lippen … Warm und nachgiebig waren die, und noch bevor sie denken konnte  kuesste sie ihn. Ganz leicht, nur eine Beruehrung, die erste in ihrem Leben.