Eines sonnigen Tages...

Åêàòåðèíà Ïåòåðñ 2
Es gibt nichts Herrlicheres auf der Welt, als die ersten Sonnenstrahlen zu geniessen! Bereitwillig  schiebe ich mein Gesicht  der strahlenden Waerme entgegen. Blinzele hinauf, werde auf einmal froehlicher und gelassener. Ich nutze  jede Minute, um sie draussen zu verbringen,  erledige  nach Feierabend  nur das Noetigste um dann endlich  Sonne zu tanken! Und wenn ich dann mitten auf unserem Hof auf meiner alten  Sonnenliege weile und  den blauen Himmel betrachte, gibt es auf der ganzen Welt keinen gluecklicheren und zufriedenen Menschen.
Ich starre hinauf  in das unendliche Blau, bis mir schwindelig wird, bis ich glaube dort die Sterne zu sehen. Und denke mir meine Gedanken. ueber die Vergaenglichkeit der Zeit, ueber die Unendlichkeit des Alls …  Irgendwann fallen mir die Augen zu, aber ich schlafe nicht. Noch intensiver spuere ich das alles durchdringende Sonnenlicht, den Wind, der in den zartgruenen Baumspitzen raschelt, aber hier unten nur sanft ueber meine Haut streicht…

  Ein  entferntes Tackern und kurz darauf ein kraeftiger  Fluegelschlag  unterbrechen meinen Schlummer. Ein  riesiger dunkler Schatten (ein Ptherodaktil?) kreist ueber unserem Garten, verschwindet hinter der  Hecke auf dem Nachbarsfeld. Ein Storch.  Das Nest kann ich von uns  aus beobachten, denn es sitzt hoch auf dem Schornstein der alten Brennerei. Und manchmal, wenn alles ruhig ist, spazieren die langbeinigen Nachbarn sogar  in unserem Hof herum. Schauen neugierig, sprechen ihre Schnatter-Gespraeche und messen mit ihren langen  Schritten  unseren Garten ab. Seit Jahren kennen wir uns schon, obwohl…ob  es immer die gleichen gewesen sind? Mir wird bewusst, wie wenig ich doch ueber die Stoerche weiss…

  Neuerdings wurde ueber dem Stoerchennest eine Kamera installiert. Zwecks  Naturwissenschaftlicher Nachforschungen? Einfache menschliche Neugier?  Keine Ahnung. Rund um die Uhr wird alles aufgenommen, was dort oben passiert. Und auf dem Bildschirm im Supermarkt kann jeder das leben der Stoerche beobachten. Das „Stoerchen Big Brother“ also.  Von Anfang an war das ein  beliebtes Thema  im Dorf. Erst wurden mit Spannung die gelegten  Eier gezaehlt und durchdiskutiert, dann die geschluepften Stoerchenbabys. Dann, innerhalb von wenigen Tagen, warf die Stoerchenmutter  drei von ihren sechs  Kueken aus dem Nest… Manche Naturgesetze sind fuer uns, Menschen, unbegreiflich… Und dass alles vor der laufenden Kamera, vor den Augen aller Dorfbewohner.  Kriegen die Stoerche ueberhaupt mit, dass sie beobachtet werden?  Tag und Nacht bei allen ihren Taetigkeiten ?  Mann kann sie aus naechster Naehe sehen, ihre langen Haelse, spitze Schnaebel,  die klugen schwarzen Augen. Wie der Wind durch  das  dichte Gefieder streift, wie sie einander zaertlich beschnattern, wie sie, auf einem Bein stehend neugierig auf das hektische Dorfleben hinunterschauen… 
  Die fahrenden Autos, die  muehsam geschobenen, voll gepackten Einkaufswagen, die spielenden Kinder im benachbarten Kindergarten, mich auf meiner Sonnenliege… 
  Wer beobachtet wen? Merkt man es ueberhaupt, wenn man beobachtet wird? Spuert  man es irgend wie..? Es koennte  ja vielleicht  sein, das noch ein drittes Augenpaar  aus irgend einer Ecke im Universum uns allesamt genau unter die Lupe nimmt,  jeden Schritt verfolgt, jedes Wort und sogar die Gedanken mithoert, fuer welche Zwecke auch immer…

 Von dieser Vorstellung  bekomme ich Gaensehaut und richte mich abrupt auf.
Ich glaube, ich bin doch eingeschlafen! Der Schatten hat meine Liege erreicht, ich stehe auf und ruecke sie wieder in die Sonne. Ist das schoen..!