Nach Russland zu neuen Laendereien. Band 1

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Ïåðåâîä ïåðâîé ÷àñòè ïîâåñòè " Ðîññèþ íà ñâîáîäíûå çåìëè. ×àñòü 1. Ïðåäâåñòüå ãðàôà Âîðîíöîâà."

Kapitel 1 (Abzug)

Von ueberall her kamen zu den Weissen Naechten Politiker und Staatsmaenner in die Sommerresidenz Ihrer Majestaet, wo ein Ball zu hellnaechtlicher Zeit sie erwartete, sowie zauberhafte Konzerte der russischen und italienischen Orpheis der Newa, und ausgiebige Spaziergaenge rund um den Grossen See. Jene Divertissements wurden unaufdringlich mit staatspolitisch wichtigen Gespraechen verknuepft, dieselben mit Umsicht gelenkt von der Gastgeberin hoechstpersoenlich.
In diesem Sommer aber war alles anders! Zum ersten Male empfand Graf Alexander Romanowitsch ein Gefuehl der Unsicherheit. Zum einen beunruhigte ihn die Abberufung seines Onkels Michail Illiaronowitsch vom Posten des Kanzlers; zum anderen verlief die Anwerbung besitz- und landarmer Bauern aus Westeuropa fuer die Gruendung von Kolonien in den mittleren und unteren Wolgagebieten nicht so glatt und weit weniger zuegig als erwartet. Der Onkel war unmittelbar nach seiner Ankunft in Sankt Petersburg vom Amt des Kanzlers abberufen worden, aus Gruenden, die seinem Neffen gaenzlich unbekannt waren; unklar war auch, inwiefern dies der Gunst Ihrer Kaiserlichen Majestaet gegenueber Alexander Romanowitsch selbst abtraeglich sein wuerde. Bis dahin hatte die Monarchin ihm ihr Wohlwollen nie versagt, und seine Karriere gestaltete sich mehr als erfolgreich. Mehr noch als offenkundige Ungnade bedrueckte ihn die Ungewissheit der derzeitigen Situation. Das Manifest „UEber die Verstattung allen Auslaendern, in Unser Reich zu kommen, um sich in allen Gouvernements, wo es einem jeden gefaellig, haeuslich niederzulassen und ueber die denselben gewaehrten Rechte“ hatte in den zwei Jahren seit seiner Veroeffentlichung nicht zu dem erwarteten Ergebnis gefuehrt. Von den ausreiseunwilligen Franzosen, Hollaendern und Schweizern ganz zu schweigen, hatten es auch aus Deutschland nur die mutigsten gewagt, ihr Land zu verlassen – nach vorlaeufigen Angaben lediglich etwa siebentausend Menschen. Der Plan Ihrer Majestaet aber war es gewesen, 10.000 Bauernhoefe mit einer Gesamtzahl von 50.000 Kolonisten zu gruenden. Einerseits liess sich eine solch gemaessigte Emigration leichter organisieren, denn es brauchte Zeit, die neu ankommenden Kolonisten zu bekoestigen, zu verteilen und auszustatten, andererseits begannen die deutschen Landgrafen bereits zu begreifen, dass man ihnen ihre Leute direkt vor der Nase wegholte, und zwar nicht nur die Maenner, sondern ganze Familien: Kinder, Frauen, Maenner. Eile war geboten, dafuer aber benoetigte man zusaetzliche Werber, die die deutsche Sprache beherrschten. Von den Deutschen waren nur wenige bereit, ihre Landsleute zur Umsiedlung nach Russland zu ueberreden; und diejenigen, die sich bereiterklaerten, reisten nach einiger Zeit gemeinsam mit denen aus, die sie geworben hatten. Die meisten Bauern brachten dem Manifest vom 4.Dezember 1762 und seinem Nachtrag vom 22. Juli 1763 kein Vertrauen entgegen, da es keine beidseitig unterschriebenen Vereinbarungen waren; zudem waren die Ausfuehrungen in einem solch haarstraeubend schwuelstigen, buerokratischen Stil abgefasst, dass manche Wendungen selbst bei Alexander Romanowitsch Falten des Unmuts hervorriefen; dem ungebildeten Volke indes erschienen sie wohl gaenzlich unverstaendlich. Man musste den Text vereinfachen und eine Art Vertragsmuster herausgeben. Alexander Romanowitsch hatte den Vorschlag fuer einen solchen Kontrakt einschliesslich einer Praeambel, die das Gebiet um Saratow beschrieb, vorbereitet und beabsichtigte, diese unverzueglich, um moeglichen Kritikern zuvorzukommen, mit Katharina bei ihrem Zusammentreffen in Zarskoje Selo  zu besprechen.
Am vereinbarten Tag fuhr der Graf lange vor der festgelegten Zeit nach Zarskoje Selo, um die Schoenheit des Schlossparks zu geniessen und seine Emotionen in Einklang mit dessen harmonischem Zusammenspiel von Natur und Kunst zu bringen. Der vor nicht allzu langer Zeit angelegte Park rauschte im Blatt seiner schlanken Baeume, die bereits herangewachsen und kraeftig gediehen waren; ruhig plaetscherte das Wasser in dem Kanal, der ihn umfloss und sein wohltuendes Nass zu allem Lebenden, Wachsenden trug … Der Graf erging sich auf der breiten Lindenallee, immer wieder fuer eine Weile innehaltend, um die neu entstehenden Pavillons und die entlang der Allee weiss schimmernden Skulpturen zu betrachten.

Kapitel 5 (Abzug)

Waehrend sie sich in der Schlange auf dem Oberdeck in Richtung der Steigleiter bewegten, blickten die Kolonisten neugierig von oben auf die Anlegestelle hinunter, wo Soldaten den Strom der Umsiedler gestikulierend in mehrere Flussarme teilten, von denen sich jeder an einem quer zur Stroemung gestellten breiten, frisch gezimmerten Tisch zerschlug.
„Zollkontrolle.“
„Und die hinter den Tischen, die schon durch den Zoll durch sind, wohin treiben sie die? Schaut nur, wie der Soldat da mit den Armen fuchtelt.“
„Ja, offenbar da links in die Baracke.“
„Was, alle da rein?! Wir sind doch gut tausend Leute, nach uns legen ja noch drei Schiffe an!“
„Nein, doch nicht in die Baracke … Sie sind schon vorbei, gehen noch weiter.“
Unten auf dem Kai teilten die Soldaten die Kolonisten nach Familien auf und schickten sie zu den Tischen, an denen die Zolloffiziere sassen.
„Familia, Familia!“, schrie ein Soldat und fuegte weitere unverstaendliche Worte hinzu, gestikulierend und auf die Hilfe jener Kolonisten bauend, die den Sinn seiner Instruktionen begriffen.
„Hast du wenigstens irgendwas verstanden, Anna? Christoph, du auch nicht? Und ihr?“, erkundigte sich Adam bei seiner Familie. Doch Anna und die Kinder lauschten nur aufmerksam der Stimme des Soldaten und schuettelten hilflos die Koepfe.
„Nicht ein einziges Wort kann ich raushoeren“, empoerte sich Christoph. „So was aber auch! Ich verstehe ueberhaupt nichts! Da hab ich hundert Woerter auswendig gelernt, und kenne nicht eins. Wie kann das angehen?“

Der Reihe nach packten die Kolonisten ihre Habseligkeiten auf die Tische, und die Zollbeamten verglichen die Anzahl der Familienmitglieder mit dem geschaetzten Gewicht des auf den Tischen liegenden Gepaecks. Im Zweifelsfall wurde das Gepaeck gewogen, und war die Norm ueberschritten, wurde die Zahlung einer Gebuehr verlangt. Dann geriet die Schlange fuer laengere Zeit ins Stocken und so wurden die Freunde, die anfaenglich auf einer Hoehe vorangekommen waren, voneinander getrennt. Die Familien von Gottlieb Pracht und Barbara Rothammel hatten die Zollkontrolle bereits passiert, standen auf der anderen Seite und warteten auf die Wagners.
„Bitte, jetzt sind Sie an der Reihe“, wandte sich ein junger Offizier auf deutsch an Adam, sobald das letzte Buendel der Vorgaenger von seinem Tisch verschwunden war.
„Wie gut, dass Sie deutsch sprechen!“, freute sich Anna aufrichtig und half, die Saecke auf den Tisch zu packen.
„Und wie soll das anders gehen? Sie wissen doch  russische Sprache nicht.“
„Doch!“, rief Christoph aus, und begann, mit dem Finger auf die entsprechenden Gegenstaende weisend, den Offizieren seine Russischkenntnisse zu demonstrieren: „Stol, Stul, Semlja, Meschok …“
Der Offizier blickte den Halbwuechsigen ueberrascht an, die russischen Vokabeln nur mit Muehe erkennend. Er wartete eine Pause ab und warf ein: „Choroscho, choroscho… Gut, sehr gut!“, und wandte sich auf Russisch an seinen Helfer: „Das Gewicht ist soweit in Ordnung, machen wir ein paar Stichproben“, und begann, das laengste Gepaeckstueck, in dem sich das Jagdgewehr befand, aufzuknuepfen.
„Waffen einzufuehren ist verboten“, fuhr der Offizier auf Deutsch fort.
„Das ist eine Kleinkaliberflinte, fuer die Jagd auf Kleinwild, Herr Offizier. Eure Anwerber haben mehrfach bestaetigt, dass wir kleinkalibrige Jagdgewehre mitfuehren duerfen“, entgegnete Adam ruhig, einen amtlichen Ton annehmend.
Der Offizier besah sich die Flinte weiterhin mit unverhohlener Begeisterung, drehte sie in den Haenden, wandte sich einige Male zum Meer hin, mit der Muendung ein unbekanntes Ziel anvisierend.
„Wie viel?“, fragte er schliesslich mit einem strengen Blick auf Adam.
Oha, will mir wohl Angst machen, der Milchbubi, schoss es Adam durch den Kopf, laut aber sagte er:
„Zum Verkauf haben wir nichts mitgenommen, Herr Offizier, obwohl wir, wie Ihr wisst, das Recht haben, Waren im Wert von bis zu dreihundert Rubel zollfrei einzufuehren. Ich glaube nicht, dass meine Flinte soviel wert ist.“
„Dreihundert Rubel ist sie nicht wert, aber ihr habt in den Saecken vielleicht noch Wertsachen, deren Gesamtwert die erlaubte Summe uebersteigt.“
„Herr Offizier, wir haben keine Waren deklariert.“
„Woher soll ich wissen, ob ihr die Sachen nicht spaeter noch verkaufen wollt? Ich gebe Euch den guten Rat: verkauft die Flinte, und Gott mit Euch. Ich zahle Euch zwanzig Rubel, ueberlegt doch mal, das sind ein Pferd und eine Kuh…“
„Pferd und Kuh stehen uns vertraglich zu.“
„Dann kauft ihr eben eine zweite Kuh, und ein Pferd als Zugabe. So kommt Ihr zu Reichtum“, liess der Zoellner nicht locker.
„Vieh muss gefuettert werden, zwei Kuehe und zwei Pferde schaffen wir nicht gleich, das Gewehr aber brauche ich, mit Kleinwild kann ich die Familie ernaehren“, Adam gab nicht klein bei und rechnete im Kopf schon mal die Wertsachen im Gepaeck zusammen, verglich sie mit dem fuer die Flinte gebotenen Preis. „Lassen Sie unser Gepaeck schaetzen, Herr Offizier, rufen Sie den Schaetzmeister heran.“
Mit einer solchen  Wendung hatte der Offizier offensichtlich nicht gerechnet, und fassungslos wandte er sich an seinen Kollegen, nunmehr auf Russisch.
„Sieh einer an! Befehle will er mir erteilen, der Hundsfott … Den Schaetzmeister soll ich ihm rufen…Der scheint Preussen mit Reussen  zu verwechseln, verwechseln, die haben da so was wie Schaetzer… Eine Frechheit dieses Benehmen! ...“

Kapitel 9 (Abzug)

Der nach dem Deutschkurs gefragt hatte, war ein hektischer, ungeduldiger junger Mann namens Mischa Scharow. Er war auf dem Flur der Gewerkschaftsschule an mich herangetreten und hatte sich vorgestellt: „Michail Iwanowitsch Scharow, scheinbar der einzige Deutsche hier mit einem russischen Namen.“ Er schob die Erklaerung nicht auf die lange Bank, sondern fing gleich an zu erzaehlen, wie es zu einer solchen Anomalie gekommen war, wobei er immer wieder in helles, froehliches Lachen ausbrach.
„Als ich sechzehn wurde, na, du weisst schon, kamen ein paar Kumpel aus der Schule zu mir nach Haus, ein paar Maedel hatten wir auch eingeladen … Mein Alter, das Schlitzohr, hatte ordentlich Wein gekauft – jedenfalls waren wir alle ganz schoen beschickert. Und am naechsten Morgen ich dann zur Meldestelle und den Fragebogen ausgefuellt, das Formblatt Nummer Sechs, wie diese Verbrecher es nennen… Ich fuell das also aus. Wie ich bei der Rubrik „Nationalitaet“ bin, denk ich, ihr koennt mich alle mal, und schreibe „Deutsch“, finde das originell, schliesslich ist meine Mutter Deutsche, geborene Hellwig. Ich geb also der Schreckschraube vom Meldeamt das Formular zurueck und der fallen fast die Augen aus dem Kopf. Was schreibst du denn da, sagt sie. Du und Deutscher? Dein Vater ist Scharow, Iwan Jegorowitsch, Russe. Das war was fuer mich, verkatert wie ich war. So ein Aas – die Mutter zaehlt wohl ueberhaupt nicht. Ich zu ihr: He, Tante, kannst du nicht lesen, meine Mutter ist Deutsche. Ich hab die Nationalitaet meiner Mutter gewaehlt, ist ja wohl mein gutes Recht! Die haben mich da alle angestarrt, als waere ich ein Volksfeind, aber mir ging das am A… vorbei. Mein Vater hat nichts dagegen gesagt, im Gegenteil – Traenen haben wir gelacht… Er ist an einem Herzinfarkt gestorben, der Himmel sei ihm gnaedig. Hat mir die Wohnung im Elmasch vermacht, 100 Quadratmeter… Komm doch mal vorbei, ich mach uns Schmarren, schliesslich bin ich Chefkoch im 'Malachit'. Was hab uebrigens ich nicht schon alles gemacht, Taxi gefahren, gekellnert …“

Kapitel 13 (Abzug)

Noch am selben Vormittag rief Georg Monjou alle Bauern im Kronshaus zusammen und teilte ihnen seine Befuerchtungen mit.
„Unsere Kolonien sind nunmehr schutzlos, besonders Niedermonjou … Die Soldaten sind allesamt abgezogen worden, die Truppen Ihrer Majestaet jagen die Aufstaendischen. Wir sind hier ziemlich abgelegen und koennten deshalb Banditen und Marodeure aller Couleur anlocken. Es kann passieren, dass einzelne Abteilungen der Rebellen bei uns Schutz vor Verfolgung suchen wollen, oder dass Kaisaken uns heimsuchen, weil sie leichte Beute wittern…“ Georg hielt inne und blickte durch das Fenster hinueber zu der im Bau befindlichen Kirche, ehe er fortfuhr. „Zar Peter Fjodorowitsch wurde umgebracht, das stand in allen europaeischen Zeitungen, aber sein Geist ist auferstanden… Die Seele des Ermordeten kommt nicht zur Ruhe auf der Suche nach Gerechtigkeit … Du sollst keinen Unschuldigen toeten, sagt eine alte Volksweisheit.“
Und Hauptmann Monjou erzaehlte ihnen, was er wusste und wovon er gehoert hatte. Davon, dass Peter der Dritte noch zu Lebzeiten beabsichtigt hatte, die kircheneigenen Bauern von der Leibeigenschaft zu befreien, aber das Gesetz im Senat nicht mehr durchsetzen konnte. Was blieb, war das Geruecht, und das Volk erfuhr davon und spann es weiter: Peter Fjodorowitsch wolle nicht nur die kircheneigenen Bauern befreien, sondern alle, das ganze russische Volk … Der Adel und die Popen, diese Moerder, haetten sich gegen den Zaren verbuendet und ihn ins Verlies geworfen … Vaeterchen Zar aber sei geflohen und ruehre sein Volk jetzt auf. Er wolle sein Heer gegen Moskau und Petersburg fuehren.
„Was fuer eine Macht solche Geruechte doch haben! Zigtausende laufen diesem falschen Peter hinterher, na klar, wo doch der gesetzliche Zar persoenlich fuer die Freiheit des Volkes in den Krieg zieht!“
„Die machen mit, um zu pluendern! Solche hat’s schon immer mehr als genug gegeben, aber jagen sie diese Raeuber davon, bleibt von der Bauernarmee nichts mehr uebrig…“, entgegnete Jakob.
„Raeuber oder Freiwillige, gleichviel, der Unterschied macht es fuer uns nicht leichter … Ich schlage vor, rund um die Uhr Patrouillen durchzufuehren und alle Ankoemmlinge strengstens zu ueberpruefen. Am besten, wir schicken sie gleich weiter…“
„Oder dahin zurueck, wo sie hergekommen sind!“
„Hier hat keiner was verloren!“

Epilog (Abzug)

Spaeter drang das Geruecht bis zu den Nomaden, ein gewisser Kolonist Schneider habe wie durch ein Wunder ueberlebt, aber seine Familie – die Frau und zwei Kinder (einen achtjaehrigen Sohn und eine zehnjaehrige Tochter) – verloren. Diese Nachricht verheimlichte der Kalmuecke sogar seiner Frau; aus Angst, den Adoptivsohn fuer immer zu verlieren, fuehrte er seine Kamele stets weiter fort in Richtung Suedosten. Die Jahre verliefen wie Sand, den man von einer Hand in die andere rieseln liess. Es ist gut, wenn das Leben lang ist und die Rede kurz, sagte Basan des OEfteren; und in solch kurzen Mannesworten teilte er am Ende seines langen Lebens dem Ziehsohn alles mit, was er ueber dessen Verwandtschaft wusste. Damals faellte die Familie der Nomaden auch den Entschluss, sich so weit wie moeglich den deutschen Kolonien zu naehern, damit Ne-emin im Sommer seinen leiblichen Vater besuchen konnte.
„So ist es von den Ahnen ueberliefert: kein Krieger, der nicht den Kelch der Trauer geleert hat. Die Trauer hatte mich bereits heimgesucht, denn ich hatte keinen leiblichen Sohn, da sandte der Himmel mir dich. Jetzt ist sie zum zweiten Mal da. Die Luege gebiert nichts Gutes: ich kann dich nicht laenger in Unkenntnis halten, denn du warst ja kein Saeugling mehr, als du in unserer Jurte aufwachtest. Vieles musstest du begreifen, vieles erinnern. Die Erinnerung hat ihre eigenen Regeln: verlierst du einen guten Freund, wirst du sieben Jahre an ihn denken; verlaesst du aber deine Heimat, wirst du sie dein Lebtag nicht vergessen. Ich entlasse dich zu deinem Stamm. Du bist ein Mann, entscheide selbst, was zu tun ist. Reite nach vorn und schau dich nicht um, denk nicht an die, die du zuruecklaesst. Waehle selbst, wohin dein Weg fuehrt. Was suess oder bitter schmeckt, weiss nur, wer gekostet hat; was nah oder fern liegt, weiss nur, wer dort war. Eines aber sollst du wissen: ich habe dich geliebt und liebe dich wie meinen leiblichen Sohn.“ Und, als der Reiter in der Ferne bereits zu einem kaum wahrnehmbaren Punkt am Horizont geworden war, fuegte er hinzu: „… und werde dich lieben, selbst dort, in der Himmlischen Steppe.“
So beendete der alte Basan seine Rede. Mit seinen Worten beendete auch Johannes seinen Bericht.