Teil 9 Rechnungen, Rechnungen

Моргенштерн 2
Einige Tage zuvor beantragte meine Mutter bei der Justizkasse die
Aufhebung der Gerichtskosten fuer die 1. Berufung in Hoehe von 49,50 DM.

             "Antrag auf Aufhebung der Gerichtskosten

Hiermit beantrage ich die Aufhebung der Gerichtskosten in Hoehe
von 49, 50 DM.
Ich bin beduerftig. Ich wurde Opfer des Betrugs. Ich habe die Berufung nicht zurueckgezogen. Der Anwalt Wolf haftet auf Schadensersatz. Ausfuehrliche Erlauterungen und Beweismittel liegen diesem Antrag bei."

Gleichzeitig hat sie an Anwalt Wolf geschrieben:

"Hiermit bitte ich Sie um Stellungnahme zum Vorfall mit der
Berufung. Sie haften auf Schadensersatz. Die Rechnung in Hoehe
von 49,50 DM lege ich bei.
SIE HABEN DIE PROZESSKOSTENHILFE NICHT BEANTRAGT!
Bitte erstatten Sie mir 185,52 DM zurueck."

Am 16. Juni 1997 hat das Familiensenat des Oberlandesgerichts
beschlossen:
" 1. Die (zweite) Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts- Familiengerichts- vom 26.Februar 1997 wird auf derer Kosten verworfen.
2. Der Streitwert fuer das Berufungsverfahren wird auf 2.600 DM
festgesetzt.
(ES WAR EIN FEHLER: der Streitwert betrug 2.400 DM = 200 DM Unterhalt mal 12 Monate. Der Betrag 2.600 war falsch. Autor - M2)

                GRUENDE

1. Die Berufung der Beklagten ist auf derer Kosten (§ 97 Abs. 1 ZPO) als unzulaessig zu verwerfen, weil das Rechtsmittel nicht innerhalb der am 21.Mai 1997 endenden Frist (§519 Abs. 2 Satz 2 ZPO) begruendet wurde.

(Das war das Vergehen des Anwalts Oska, der die Unterlagen unserer Nachbarin am 17 April 1997 abgegeben hat. Den Vorschuss
von 200 DM hat er behalten, ohne dafuer gearbeitet zu haben - Autor M2).

2. Dem innerhalb der Berufungsfrist eingegangenen Antrag auf Fristverlaengerung war nicht stattzugeben. Denn die Berufung der Beklagten war unzulaessig. Die Beklagte hat in dem Schriftsatz
ihres vormaligen Prozessbevollmaechtigten Anwalt Wolf vom 1. April 1997 auf die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts- Familiengerichts- vom 26. Februar 1997 verzichtet.

Darin heisst es: "Eine Berufung gegen das der Berufungsklaegerin am 22. Maerz 1997 zugestellte, hinsichtlich des Verkuendungszeitpunktes berichtigten Urteils vom 26. Februar 1997 ist nicht vorgesehen, wird jedoch fuer den Fall der Erstreckung der Berufung darauf, ebenfalls vorsorglich zurueckgezogen." Dieser Zusatz ist bei objektiver Betrachtung
(vgl. Zoller- Gummer, ZPO, 20 Aufl.) als Verzicht auf das Recht zur Berufung zu verstehen. Dieser Verzicht ist unanfechtbar, grundsetzlich unwiderruflich und von einer Zustimmung des Gegners nicht abhaengig.

3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 14, 17; Abs. 1 und 4 GKG."

Der falsche Streiwert von 2.600 DM statt 2.400 DM liess alle nachfolgenden Rechnungen wie Schneelavine wachsen:

          "Rechnung fuer die 2. Berufung:
Verfahren im Allgemeinem.................2600..........195,00
Summe der Gebuehren....................................195,00
Abzueglich 10% gem. Einigungsvertrag....................19,50
Der von Ihnen zu zahlende Betrag.......................175,50 DM"

-2-

Der Brief von der Justizkasse vom 21.11.1997:

          "Sehr geehrte Frau Morgenstern!
Die mit der Kostenrechnung vom 24.10.1997 angeforderten Gerichtskosten in Hoehe von 175,50 DM sind noch offen. Zahlen Sie
bitte diesen Betrag nunmehr binnen einer Woche auf eines der umseitig bezeichneten Konten der Landesjustizkasse. Bitte

verwenden Sie die beigefuegten Ueberweisungstraeger und beachten Sie die Hinweise auf der Rueckseite. Bitte halten Sie den Zahlungstermin ein, da sonst die zwangsweise Einziehung (Zwangsvollstreckung), die fuer Sie mit weiteren Kosten verbunden waere, eingeleitet werden muss.

Sollten Sie den geschuldeten Betrag inzwischen ueberwiesen haben, betrachten Sie diese Mahnung bitte als gegenstandslos.
Hochachtungsvoll!
Die Justizkasse "

Dieses Schlusswort "Hochachtungsvoll!" verschwand aus dem Gebrauch nach der deutschen Vereinigung. Von da an endeten amtliche Briefe mit "freundlichen Gruessen", obwohl es wie Hohn
geklungen hat. Zu Grunde der Briefe lagen Betrug und Inkompetenz und als automatische Folge - die Abzockung.

Aber im langen Briefwechsel und Telefonaten meiner Mutter mit der Justizkasse waren die zustaendigen Mitarbeiter immer menschlich, ausgeglichen, sachlich und verstaendnisvoll. Sie zeigten meiner Mutter den Ausweg aus den verzweifelten Situationen, bis die Anwaeltin Vack den Spies UMDREHTE.

Am 22.11.1997 rief meine Mutter das erstemal bei der Justizkasse an. Sie schilderte ihre Beduerftigkeit und die Betruegereien, die zu diesen Rechnungen gefuehrt haben. Ein Mitarbeiter sagte:

- Schreiben Sie Antrag auf Niederschlagung.

Niederschlagung? Das war eines der neuen Woerter, die nach der Vereinigung auf uns einstuerzten, ohne das jemand vorher erlautert haette, was es in der Bundesrepublik bedeutete.

Das Saarland hatte 10 Jahre Uebergangszeit von Frankreich an die
BRD.
DIE DDR HATTE NULL Zeit.
 
- 3-

Unsere Stadtzeitung veroeffentlichte Tatsachenberichte ueber die uns unbekannte Justiz.

                "WENN   MAN   BEDENKT

Charlie ist derjenige unter meinen Bekannten, der sich mit Justiz am besten auskennt. Seit ein Paar Jahren wegen eines Amtsfehlers unschuldig beinahe eingeknast worden waere, sammelt er akribisch kuriose Urteile und Strafbefehle. Zwei Beispiele

hat er mir, leicht verfremdet, erzaehlt.
War ein Bautrup mit dem Kleitransporter von Bautzen nach Leipzig
unterwegs. Meist fuhr der Vorarbeiter (am Lenkrad) und, wenn
getankt werden musste, zahlte er den Sprit.

Diesmal fuhr ein anderer, nennen wir ihn Peter, und Peter tankte
fuer 25 Mark. Zusammen mit dem Vorarbeiter ging Peter in den Tankstellen-Shop, kaufte eine Tuete Bonbons und bezahlte- die Bonbons. Nach ihm kaufte der Vorarbeiter eine Flasche Limo und

bezahlte- die Limo. Jeder dachte vom anderen, der habe die 25 Mark Spritzeche beglichen. Ein Paar Kilometer weiter wurden sie
von der durch den Tankwart alarmierter Polizei gestoppt. Verdattert erkannten sie ihr Missverstaendnis, fuhren zurueck und zahlten, nachdem sie dem Tankwart den Irrtum erklaert und

sich entschuldigt hatten, die 25 Mark. KURZ DARAUF ERHIELT PETER
EINEN STRAFBEFEHL UEBER 6000 Mark. Versuchter Diebstahl!
- Wenn man bedenkt,- gab Charlie zu bedenken,- dass die Obermacker des MDR mehr als das Millionenfache dieser 25 Mark durch Spekulationen verjubelt und damit die Gebuehren - und

Steuerzahler indirekt- um gigantische Summen erleichtert haben,
aber "rechtlich kein Ansatzpunkt besteht", dann...Charlie machte eine Geste, die wahrscheinlich strafbar ist. Und sagte ein Wort , dass ihm ganz gewiss teuer zu stehen kaeme, wuerden es diejenigen hoeren, die er meinte.

Aber er war noch nicht fertig.
In einem oeffentlichen Streit zwischen 2 Verkehrsteilnehmern sagte der eine, nennen wir ihn Paul,zu dem anderen "du Wichser".
Ohne sich mit tatsaechlichen Sexualgewohnheiten des Herren auszukennen, unterstellte Paul ihm jene solitaere Befriedigungstechnik, bei der, wie allgemein bekannt, Partner entbehrlich sind.

Vielleicht hatte Paul sich geirrt. Aggressiver Fahrstil oder eine krumme Pfote sind noch kein Beweis, und da darf man das nicht sagen. Der ungeprueft verdaechtigte Verkehrsteilnehmer aber notierte Pauls Kennzeichen und verklagte ihn. Paul wurde

prompt die Vorladung zu einem beschleunigtem Verfahren zugesandt. Er erschien aber nicht, weil er nichts davon wusste.
Er war auf Montage und hatte den Brief nicht rechtzeitig lesen koennen. Gegen ihn wurde Haftbefehl erlassen. Zurueck zu Hause,

versuchte er aufgeregt, die Sache zu erklaeren. Der Haftbefehl wurde aufgehoben, Paul aber beauflagt, jeden Mittwoch bei der Polizei zu erscheinen. Am ersten Mittwoch, Paul war wieder auf Montage, gab der Arbeitgeber ihm zaehneknirschend frei.

Am zweiten Mittwoch weigerte der sich.Paul liess, aus Angst, seinen Job zu verlieren, den Termin sausen. Als er am Montag, fuenf Tage verspaetet, auf dem Revier erschien, war der Haftbefehl wieder in Kraft. Paul wurde festgenommen, sein Widerspruch abgewiesen. Die Verhandlung soll im Dezember stattfinden...

- Wenn man bedenkt,- gab Charlie zu bedenken,- dass eine Hand voll Rechtsradikale, die im Buchenwald randaliert hatten, dank starker Verteidigung mit lockeren Bewaehrungsstrafen davon kamen, dann...
Wieder diese Geste.
- IN BEIDEN FAELLEN ,- sagte Charlie dann,- WAREN ES EINFACHE LEUTE,die NACH KLEINEN FEHLERN AUF DEM SCHLEIM der RECHTSPRECHUNG GRUENDLICH AUSGERUTSCHT SIND.

...Nun, weder tanke ich bei den Preisen, noch wechsle ich mit Wichsern auch nur ein einziges Wort." Hunde nahmen die Spur auf...(Autor: Jens Uwe Sommerschuh).

-4-
                "CHARLIE SOLL BUESSEN!

Das glaubt kein Mensch, und vielleicht stimmt es auch nicht. Vor
einer Woche haben sie meinen Kumpel Charlie abgeholt.Nicht in dem Cafe sind sie aufgekreuzt, in dem er seit fast einem Jahr hinterm Tresen steht. Nein, sie klingelten am Morgen bei Charlies Freundin. Die war schon auf Arbeit.

Charlie, geschafft von der Nachtschicht, schlief noch. Dann nicht mehr...
Der Rabe Amasis hat die Fahnder beobachtet, wie sie Charlie suchten, fanden und mitnahmen.
 
Am selben Tag, als Charlie in Leipzig eingebuchtet wurde, hoerte sich in Augsburg ein Walter Leisler Kiep sein Urteil an. Der
fruehere Schatzmeister der CDU wurde wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe von 45 000 Mark verurteilt.

Der Mann ist 75 und damit doppelt so alt wie Charlie. Die Betraege, die er am Gesetz ein bisschen vorbei jongliert hat, stellen freilich ein Zigfaches von dem dar, was Charlie je besessen haben duerfte. Leisler Kipp wurde zwar mehrfach hier und da vorgeladen -

vor die Staatsanwaltschaft, vor einen Ausschuss und vor Gericht.
Aber soweit ich informiert bin, hat er keinen einzigen Tag in einer Zelle sitzen muessen. Kann man jetzt sagen, 45 000 Mark
Strafe- das ist schon hart. Da muesste manch einer seinen Gaertner entlassen und den Drittwagen verkaufen, und koennte

den naechsten Urlaub statt auf den Malediven nur auf der Mallorka verbringen. Ausserdem, so ein alter Mann, was sollen wir mit dem im Knast? Der klebt doch eh keine ordentliche Tuete
mehr.Und so kommen von dem wenigstens ein Paar Mark wieder rein, was die ganze Sache den Staat gekostet hat.

Ich will gar nicht drauf rumreiten.Einen Mann, der mal Schatzmeister war, kann man nun mal nicht einfach in eine Zelle mit anderen Kriminellen stecken. Hessische Taschendiebe, brandenburgische Bankrauber, westfaelische Kinderschaender,

badische Frauenmoerder, ukrainische Auftragskiller, albanische
Schutzgelderpresser, holsteinische Hochstapler, man weiss ja aus dem Fernsehen, was es alles gibt.

Die meisten Kriminellen sind eindeutig minderwertiger als ein
ehemaliger Schatzmeister. Gut, eine Privatzelle waere denkbar
gewesen, mit Sauna, Whirlpool, Schrankbar und Masseuse. Aber
Geldstrafe ist schon in Ordnung.

Der andere, um den es vorigen Donnerstag ging, nein, jetzt nicht Charlie, sondern Helmut K. Der Helmut erfuhr, dass er wohl gar nicht vor Gericht muss. In Bonn wird ueberlegt. Geldbusse 300.000 Mark, und wir vergessen die Sache. Verdacht der Untreue-
na und! KANN NICHT JEDER IMMER ZU TREU SEIN.

Und das mit den zwei Millionen, die der Helmut, sagen wir mal,
nicht ordnungsgemaess verbucht hat- so was machen wir doch alle gern einmal, oder?

Hinterzogene Steuern oder schraeg verbuchte Spenden, wem fehlen die schon? - Allen, also niemandem. ( Siehe Erg;nzung unten)

Aber so ein kleiner Schlucker wie der Charlie muss froh sein, dass wir Deutschen mit der Todesstrafe human umgehen und sie nicht mehr verhaengen.
So was wie Charlie gaebe naemlich einen huebschen Praezedenzfall ab, um das Volk... ein bisschen zu disziplinieren." Autor S.

Am 29.Mai 1998 zeigte das ZDF eine neue Folge der Serie "Ein Fall fuer zwei". Unsere Stadtzeitung schrieb den folgenden Kommentar zum Film:

"1997 uebernahm der Schauspieler Mathias Herrmann als Strafverteidiger Voss im "Ein Fall fuer zwei" die Nachfolge von Dr. Franck. Inzwischen hat er mit Claus Theo Gartner alias
Matula schon manchen Fall geloest. In Vorbereitung auf seine Rolle besuchte Herrmann damals Gerichte:

- Wenn ich spielen wuerde, was ich dort erlebt habe, wuerden mich alle fuer verrueckt halten,- sagte Mathias Herrmann.

Meine Mutter machte die identischen Erfahrungen!

***** Erg;nzung: Das wir das noch erleben durften! 30 Jahre vergingen. Die Archive wurden ge;ffnet. Am 4. Dezember 2017 berichtete das ARD dar;ber, dass Herr Kohl sich 25
Jahre lang aus den Schwarzen Kassen in der Schweiz und in Lichtenstein bediente. Diese Gelder waren keine "schreg verbuchte Spenden" oder "hinterzogene Steuern". 1987 schien
die CDU - Wahl verloren. Da entschied sich die Partei, die Bev;lkerung mit Bussen und Bahnen nach D;sseldorf zu holen. Und die W;hler kamen.Das kostete eine Million Deutsche Mark. Die Parteikasse war leer. Die Basis verlangte Gelderstattung. Herr Kohl
bezahlte aus der Schwarzen Kasse 800.000 DM. Die Namen der Geldgeber hat er vor dem Gericht verschwigen und damit das Gesetz und die Verfassung ausgehebelt. Das Geld stammte aus tr;ben Kan;len der Industriekonzerne. Der Stuhl unter dem Kanzler wackelte. Aber pl;tzlich ist die Sowjetunion samt DDR zerfallen. Diese Ereignisse
nutzte Herr Kohl f;r die Erstarkung seiner Position f;r weitere 16 Jahre. Es gab keine
Vereinigung Deutschlands: es gab die Vereinigung von West-CDU und Ost - CDU. Dies f;hrte zur Mehrheit in den jeweiligen Koalitionen bis 2017...Im September 2017 hat die CDU die Wahl verloren. 

Es folgt Teil 10 http://www.proza.ru/2013/10/26/354