Seven Cavendish Stories

Вальдемар Фогель
1

Weisst du? Ich habe Angst, dass wenn ich meinen Job als Schlosser bei HNS Landmaschinen aufgebe, um sich ganz nur meiner kuenstlerischer Taetigkeit zu widmen, dabei auf volle Programm versage, und zwar nicht nur dass die Wuerze der Kunst, die ich halt ehe aus Versehen als mit Absicht mittlerweile betreibe, wegen der wahnsinnig grosser Massenproduktion nachlaesst, sondern dass es hoechst wahrscheinlich damit ein fuer allemal beendet wird, denn mein Arbeitsplatz, wie verrueckt das auch klingt, ist gleichzeitig auch das Ort meiner geistlicher Offenbarung, quasi mein Stonehenge, mein Orakel. Waehrend ich tuechtig und fleissig arbeite und dabei entsprechend auch soviel untern Achseln schwitze, schiessen mir obendrein zusaetzlich aller moeglichen Gedanken und Ideen durch den Kopf, so dass ich immer ein Heft mit einem Bleistift bei mir fuehre und bei jedem Blitz und Donner in meinem Kopf korrekt alles aufschreibe, denn wie blitzschnell sie kommen, genau so blitzschnell gehen sie wieder und kehren niemals zurueck. Wenn sie weg sind, dann sind sie weg und bleiben sie auch wie vorhin weg. Aber wenn ich sie sorgfaeltig aufs Blatt Papier aufschreibe, so zu sagen, das noch nie ausgesprochenes zu Papier bringe, dann bleiben sie auf diesem Papier auch gefangen, und nach Belieben, das heisst abends wenn `s dunkel ist, komme ich sie zu besuchen und unterhalte mich mit ihnen, mal mehr, mal weniger, mal ruhig und gem;tlich oder sogar zanke und streite ich heftig mit ihnen. Bis zur Handgreiflichkeit war es schon paar male gekommen, konnte mich noch gluecklicherweise rechtszeitig in die Sicherheit bringen. Denn nicht alle meine Gefangene sind sanftmuetige Engeln und Traeger des ewigen Lichts. Einige von ihnen sind schoen unfreundlich und sogar boesartig, grade leibhaftige Daemonen, ausgespuckt aus der Hoelle, mit ihren schiefmaeuligen und erst recht mit haesslichsten Fratzen, die man sich nur vorstellen kann. Sie bleiben trotzdem meine Gefangene, egal wie die Aussichten sind, koste was es wolle, ich behalte sie und werde sie keineswegs rausschmeissen. So ist es.
Manchmal wenn ich sie besuche, bringe ich `ne Kiste Bier mit, dann sind sie, habe ich gemerkt, nach erster Flasche viel mehr gespraechiger und offener als sonst, nach zweiter oder dritter werden sie schon in der Massen geschwaetzig und unterhaltsam so dass alles um uns herum verstummt und vergessen bleibt, auch die Geister egal welches Schlages schaetzen diese edlen Troepfchen des Barbaren Gesoeffs.
Was sie so nicht alles erzaehlen. Man staunt oftmals wie erfinderisch sie sind, und was fuer unglaubliche Geschichten werden manchmal aufgetischt, da lacht man laut und froehlich darueber. "Nein! das kann unmoeglich wahr sein!", wird immer wieder von mir erwidert, "Wollt ihr mich veraeppeln! Ich zeig `s euch gleich ..." Doch danach wird es noch amuesanter, noch belustigender, noch geselliger und sogar schelmischer, da ist der Teufel los, da wird Unfug getrieben was das Zeug haelt, und so die ganze Nacht bis die Sonne wieder aufgeht, und ich bis zum geht nicht mehr muede, erschoepft und total beduselt, schleudere mich praktisch im wahrste Sinne des Wortes ins Bett, und in dem ich noch der Laenge nach herunterstuerze, stuerzt auch mein Bordcomputer ab, und so bleibe ich weiter liegen bis ich mich wiederfinde.
So einfach falle ich von der Realitaet ins Reich der Traeume. Doch aber auch die Traeume sind auf irgendwelcher Weise eine wahre Realitaet von uns, so eine gewisse zweite Realitaet, die all unsere topsecret Geheimnisse, tiefste Aengste und verborgene Schaetze in sich bewahrt, und wenn wir traeumen, offenbart uns diese zweite Realitaet einiges davon. Also lasst uns Augen zuschlie;en und was davon traeumen.


2


Frueh am Morgen wachte ich mit einer rasender Geschwindigkeit auf, sprang sogar auf, und wie ich mich noch gut daran erinnere, flog einige Augenblicke der Laenge nach durch mein ganzes Zimmer, und landete schliesslich taeppisch und stuemperhaft mit allen meinen beiden Knien auf den Boden, auf den harten Boden der Tatsachen, und knallte noch dazu mit dem Stirn gegen den massiven Kleiderschrank, obwohl ich glaube, dass das Knallen mit dem Stirn zuerst war und erst dann die harte Landung. Total sauer und muerrisch und aeusserst griesgraemig geworden, schimpfte ich furios in alle Himmelsrichtungen und vor haemmernden Schmerzen stiess ich wuetend all die schlimmsten Flueche aus, die ich aufm Lager hatte, die ich noch im Kindesalter von Papa und Mama gelernt und auf der Stra;e aufgegabelt und mit dem Aelterwerden meisterhaft weiterentwickelt habe, und mit einem gro;en Erfolg, der sogar mich selbst ueberraschte, auf hoechste Niveau gebracht.
Noch immer sauer stand ich muehselig langsam auf, denn ich kroch auf allen Vieren wie ein alter Hund, und setzte mich auf die Bettkante, und stellte dabei erschuetternd fest, dass ich wach bin, und zwar nicht einfach nur wach wie wach, sondern wirklich wach und munter, wie es sich dazu gehoert wenn man ausgeschlafen ist, soeben hellwach. Die zweite nicht weniger erschuetternde Feststellung war noch schlimmer. Ich habe kaum eine volle Stunde geschlafen, und nun bin ich, verdammt noch mal, wach wie `ne Lerche. So eine Scheisse! Dir nichts, mir nichts, wach und nuechternd mit `m Gold im Mund.
Da ist aber nichts zu machen. Es kommt eben wie es kommt und man sollte es, ohne sich dabei lange zu ueberlegen, schlicht nehmen, wenn man was gegeben kriegt, solange man ueberhaupt noch was kriegt. So nahm ich es spontan entgegen, leicht war das nicht gewesen, und sollte mich eigentlich daf;r bedanken, aber ich war mir darueber so ziemlich unsicher, und so verpasste ich den Moment der Dankbarkeit, und wirkte nach aussen wie erwartet undankbar und arrogant, darum noch mieser und schaebiger kam ich mir selber vor und das ging auf mein Gewissen ueber, so dass mich ploetzlich diese gottverdammten von mir selbst persoenlich neuerschaffene Schuldgefuehle wie die blutsaugenden Zecken plagten und liessen es, gottverdammt, nicht locker.
Wie dem auch sei, da ist absolut nichts zu machen, so stand ich auf und ging geradewegs aufs Klo. Wohin denn sonst? Selbstverstaendlich aufs Klo, da wo ich meine Notdurft gelegentlich verrichte. Da ist nichts Obszoenes dabei. Dafuer sollte man sich wirklich nicht schaemen. Ein ganz normaler Lauf der immer wiederholenden Dinger der Natur. So einfach ist es. Was habt ihr denn geglaubt, wo ich morgens mich dauernd so lange aufhalte? Ich geniesse es sogar! Ja, ich gestehe, ich bin ein unerziehbarer Wiederholungstaeter.


3


Beim Zermalen der Kaffeebohnen begruesste mich ihr frischer Geruch mit einem feinen Aroma; das heiterte mich etwas auf und machte meine miese Laune ein bisschen ertraeglicher. Ein leichtes Laecheln verbreitete sich an meinen schmalen Lippen und meine beiden Mundwinkeln hoben meine schlafe Wangen nach oben. Beim Kaffeekochen verstaerkten sich die Duftnoten und entwickelten weitere Untertoene, so dass alles sich zu einem hervorragenden Wohlgeruch reifte. Meine Laune, wie schlimm sie auch sein mag, verbesserte sich von "Ich bringe gleich jemanden um!" auf "Oh, grosser Herr! Ich bin im Himmel!"
Die Sonnenstrahlen tanzten froehlich auf dem Kuechentisch. Das Fenster war leicht geoeffnet, so dass die herrlichen Gesaenge von draussen zwitschernden Voegeln beseelten meine Ohren, und die morgendliche Luft erfrischte wehend die Kueche. Der kochende Kaffee roch dabei aromatischer, eleganter und zugleich doch etwas milder. Die Morgenfrische und die herstroemende Waerme aus der Kaffeekanne bildeten den perfekten Kontrast des perfekten Morgen. Mein Herz kriegte Fluegeln und ich war unbeschreiblich gluecklich, als ich den ersten Schluck Kaffee mit einem unbeschreiblichen Genuss nahm. Schwarz und zuckerfrei soll der Kaffee sein, um ihn mit Ergebenheit zu kosten. Den Kaffee muss man geniessen und auf gar keinen Fall einfach so, um endlich wach und munter zu werden, schlicht wie eine Bruehe literweise zu trinken.


4


Letzte Nacht traeumte ich was Grauenhaftes und Abscheuliches. Bei solchen Faellen ist man gewoennt das Wort Alptraum zu benutzen, doch was ich sah, war keiner. Das war im wahrsten Sinne des Wortes die Hoelle und ich war da drin gewesen.
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