Also sprach Zarathustra

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Dr. Georgij Davitaschvili, Evelina Piradova, Diana Piradova, 1997

Einige Uberlegungen bezuglich einer Verfilmung des Buches von Friedrich Nietzsche „Also sprach Zarathustra“




Zarathustra“ - ein Werk, das in der Weltliteratur mit keinem anderen zu vergleichen ist. Dieses Buch kann man wohl als eine Offenbarung der neuen Zeit bezeichnen. Es erhebt einen Anspruch darauf, eine Lehre zu sein. Es liest sich meditativ, wie die heiligen Texte. Es zwingt den Leser, immer wieder auf sich zuruckzukommen, ruft immer neue Gedanken, Reaktionen, Gefuhle, die mitunter einander entgegengesetzt sind. Geist und Materie bek;mpfen sich gegenseitig darin, indem die beiden abwechselnd mal siegen, mal verlieren. Die Umwertung aller Werte, das Schaffen neuer Werte, ihr endloser Kreislauf und der Versuch, sich davon loszurei;en - all das beinhaltet dieses geheimnisvolle Buch, eines fur alle und keinen.
Im folgenden m;chten wir unsere Gedanken hinsichtlich einer m;glichen Verfilmung dieses literarisch-philosophischen Kunstwerkes darlegen.
Die Handlung im Film kann auf dem 4.Teil des Buches basieren, da gerade dieser Teil, die fur die Filmdramaturgie geeignete Fabelgrundlage enth;lt.
Es ist nicht schwer zu verstehen, da; der Held des Buches „Also sprach Zarathustra“ mit dem legend;ren orientalischen Propheten, der das heilige Buch „Zend-Avesti“ verfa;t hat, wenig gemeinsam hat.  Laut Nietzsches eigener Aussage interessierte der Perser ihn eher als eine Person, die eigene Lehre uber das Gute und das B;se widerlegt, genauer gesagt, uberwindet. Nietzsches Gedanken selbst geben uns das Recht auf eine Identifizierung des Helden aus dem Buch mit dem Autor, sprich Zarathustra mit Nietzsche. Gerade diese Identifizierung des altorientalischen Propheten mit dem deutschen Philosophen und Poeten der zweiten H;lfte des 19.Jahrhunderts als ein Schlusselkunstgriff legen wir unserer Filmversion zugrunde.
Ein weiteres wichtiges Moment, das zu beachten ist, ist der gleichnisartige Ton des Buches. Dieser spiegelt ziemlich genau die auf den ersten Blick widerspruchliche, aber im Grunde unendlich tiefe Weltanschauung Nietzsches wider, was seinerseits auch in der Filmstilistik berucksichtigt werden soll.
Ein Entlarver und Sturzer vom bestehenden Moral und den religi;sen Gesellschaftsgrunds;tzen, ein Immoralist und Antichrist, ein Prophet des „Ubermenschen“ und in der gleichen Zeit „ein hoffnungsloser ;sthet“, - so sah ihn Thomas Mann, - Nietzsche, als Mensch, verblufft mit der Tiefe seiner Einsamkeit, der Einsamkeit eines Genies, der die titanische Verantwortung fur seine gef;hrlichen Offenbarungen und Prophezeiungen auf sich genommen hat. Nietzsche wagt eine praktisch direkte Polemik mit Evangelium selbst, und er wunscht sich in dieser Polemik, als Prophet oder sogar Grunder eines neuen Glaubens aufzutreten! Angesichts dieser offensichtlichen Tatsache soll die allgemeine Emotionalit;t des Filmes das Gepr;ge eines fast epischen Pessimismus erhalten, der gleichzeitig (laut Nietzsche selbst) mit Sarkasmus und Ironie immanent widerlegt wird. Aufgrund des obengenannten haben wir den Genre unseres Filmes als philosophisches M;rchen bestimmt.
Somit tritt der Held gleichzeitig als Nietzsche-Erz;hler und Zarathustra-Prophet auf. Nietzsche-Erz;hler, der Spuren geistiger Besessenheit erkennen l;;t, ist boshaft und schutzlos, ironisch und kindisch begeistert, arrogant und zu gleicher Zeit voll von Komplexen in seiner endlosen intellektuellen Einsamkeit. Er ist ein hundertprozentiger Europ;er, der von allen G;ttern und D;monen gepeinigt wird. Zarathustra-Prophet unterscheidet sich kaum noch vom Nietzsche-Erz;hler; das einzige, wo er den Autor ubertrifft, - in seiner Ersonnenheit, genauer gesagt, in seinem Versenken in diese zauberhafte, mythologische Welt des abstrakt-exotischen Orients, in dem der Prophet Zarathustra lebt und nach seiner Wahrheit sucht. Und w;hrend der uns n;her stehende und besser zu verstehende Nietzsche-Erz;hler von uns das menschliche Mitgefuhl verlangt, verfuhrt uns Zarathustra in eine ferne Welt, wo alles nach Brecht’schen Theatergesetzen zu funktionieren scheint.
Aber Nietzsche als Filmheld kann in unserer Filmversion nicht nur als eigentlicher Erz;hler (als Poet und Philosoph), sondern als eine Art Puppenmeister auftreten. Nach Traditionen der deutschen Kultur aus den Zeiten Goethes, der seinen „Faust“, wie bekannt, fur Puppentheater schrieb, erschafft Nietzsche eigenh;ndig Puppen fur seine Buchhelden. Ausgerechnet in diesem Moment trifft unser Zuschauer den Autor von „Zarathustra“ in einem Hotelzimmer bei Nizza an, wo der beruhmte 4.Teil des Buches vollendet wurde.
Also, „Prolog. Nizza“. Ein truber Morgen in Januar. Der Puppenmeister, Erfinder und Phantast Nietzsche sitzt neben einem gluhenden Kamin in einem bescheidenen Hotelzimmer und packt seine mehreren Koffer aus, die voll von irgendeinem alten Kram sind. Hinter seinem Rucken uber dem Kopfkissen h;ngt ein gro;es Kruzifix aus Holz. Drau;en ist trube, man h;rt Wellenschlag, M;wenschreie, Hufschlag seltener Equipagen, und Nietzsche, der die ganze Nacht nicht geschlafen hat, versucht mit Unbefangenheit eines Kindes seine Phantasie in einen fernen, unbekannten, von ihm selbst erfundenen Orient zu entfuhren, um uns aus dem Munde des Propheten Zarathustra eine neue Botschaft vom „Ubermenschen“ zu ubermitteln. Und wir, Zuschauer, lassen uns mit ihm zusammen verfuhren, und schon sehen wir unseren Helden Zarathustra in seltsamer Kleidung eines Einsiedlers irgendwo mitten in den unglaublichen Felsen. Von dort aus sind zu sehen: das Ozean, die Quellen von Tigris und Euphrat, die Gipfel von kleinem und gro;em Ararat, die Wuste, die Ketten der von einer Oase zur anderen ziehenden Karawanen ... Die ganze Welt, wie auf einer Handfl;che. Man bekommt den Eindruck, man geriete an einen anderen Planeten, einen sehr ;hnlichen und doch anderen.
Am Kreuzweg zwischen wilden Felsen steht Zarathustra, merkwurdig gekleidet, und halt in seiner Hand einen Stab, auf dessen Goldgriff eine Schlange die Sonne umschlingt. Eine Zeitlang betrachtet er den Griff seines Stabs. Dann wendet er seinen Blick ab und beginnt zu reden vor einem unsichtbaren Auditorium:
„Sagt mir doch: wie kam Gold zum h;chsten Werte? Darum, da; es ungemein ist und unnutzlich und leuchtend und mild im Glanze; es schenkt sich immer. Nur als Abbild der h;chsten Tugend kam Gold zum h;chsten Werte. Goldgleich leuchtet der Blick dem Schenkenden. Goldes-Glanz schlie;t Friede zwischen Mond und Sonne.“
In derselben Zeit sitzt der Erz;hler Nietzsche im Hotelzimmer, bastelt aus dem Kram, der auf dem ganzen Tisch zerstreut ist, seine erste Puppe zusammen. Dabei murmelt er:
Dr. Georgij Davitaschvili, Evelina Piradova, Diana Piradova
Einige Uberlegungen bezuglich einer Verfilmung des Buches
von Friedrich Nietzsche „Also sprach Zarathustra“


„Gleichnisse sind alle Namen fur Gut und B;se: sie sprechen nicht aus, sie winken nur. Ein Tor, welcher von ihnen Wissen will.“
Und wieder steht Zarathustra auf dem Kreuzweg zwischen den Felsen und spricht zu jemanden:
„Hundertf;ltig verflog und vergriff sich bisher so Geist wie Tugend. Ach, in unserm Leibe wohnt jetzt noch all dieser Wahn und Fehlgriff: Leib und Wille ist er da geworden! Nicht nur die Vernunft von Jahrtausenden - auch ihr Wahnsinn bricht an uns aus. Gef;hrlich ist es, Erbe zu sein.“
Auf dem Tisch vor Nietzsche liegen schon einige fertige und halbfertige Puppen, bunt und ziemlich exotisch aussehend. Und Nietzsche spricht zu ihnen:
„Alleine gehe ich nun, meine Junger! Auch ihr geht nun davon und allein! So will ich es.“
Zarathustra setzt seine Rede in den Bergen fort:
„Wahrlich ich rate euch: geht fort von mir und wehrt euch gegen Zarathustra! Und besser noch: sch;mt euch seiner! Vielleicht betrog er euch. Der Mensch der Erkenntnis mu; nicht nur seine Feinde lieben, sondern auch seine Freunde hassen k;nnen. Man vergilt einem Lehrer schlecht, wenn man immer nur der Schuler bleibt.“
Jetzt sehen wir auf einem sonderbaren Baum, der von einer Weinrebe umrankt ist, die Puppen, die an F;den von den ;sten herabh;ngen. Zarathustra spricht zu ihnen:
„Und warum wollt ihr nicht an meinem Kranze rupfen?“
Im Hotelzimmer setzt Nietzsche einen Dornenkranz mit Rosen geschmuckt auf den Kopf auf. Hinter seinem Rucken sieht man das Kruzifix an der Wand. Es flie;t Blut von Nietzsches Stirn ab, und Zarathustra mit dem gleichen Kranz am Kopf und gleichen Blutfaden am Stirn setzt seine Rede vor den h;ngenden am Baum Puppen fort:
„Ihr sagt, ihr glaubt an Zarathustra? Aber was liegt an Zarathustra! Ihr seid meine Gl;ubigen: aber was liegt an allen Gl;ubigen!“
Mit dem Stab in der Hand n;hert sich Zarathustra dem Baum. Die Puppen schauen ihn an, als w;ren sie lebendig.
„Ihr hattet euch noch nicht gesucht: da fandet ihr mich. So tun alle Gl;ubigen; darum ist es so wenig mit allem Glauben“ , - sagt Zarathustra und spricht weiter: - „Nun hei;e ich euch, mich verlieren und euch finden, und erst, wenn ihr mich alle verleugnet habt, will ich euch wiederkehren. Wahrlich, mit anderen Augen, meine Bruder, werde ich mir dann meine Verlorenen suchen; mit einer andern Liebe werde ich euch dann lieben. Und einst sollt ihr mir Freunde geworden sein und Kinder Einer Hoffnung: dann will ich zum dritten Mal bei euch sein, da; ich den gro;en Mittag mit euch feiere. Und das ist der gro;e Mittag, da der Mensch auf der Mitte seiner Bahn steht zwischen Tier und Ubermensch und seinen zum Abende als seine h;chste Hoffnung feiert: denn es ist der Weg zu einem neuen Morgen. Alsda wird der Untergehende selber segnen, da; er ein Hinubergehende sei; und sie Sonne seiner Erkenntnis wird ihm im Mittage stehn.“
Nietzsche mit einem jubelnden L;cheln schaut irgendwohin durch die W;nde des Hotelzimmers und sagt Zarathustra:
„Tot sind alle G;tter: nun wollen wir, da; der Ubermensch lebe!“
Dann schl;gt Zarathustra alle Puppen vom Baum herunter. Die Puppen fliegen auseinander, verwandeln sich in Menschen und verschwinden direkt im Bild ...Und donnert Zarathustras Stimme zwischen den Felsen: „ALSO SPRACH ZARATHUSTRA!!!“
Am Bildschirm erscheint der Filmtitel:
„Also sprach Zarathustra (Ein M;rchen vom Ubermenschen)“
So schwebt uns also der Prolog des Films, die Einfuhrung ins Thema, die Kennzeichnung von Prinzipien der weiteren Erz;hlung vor.
Weiter werden wir kurz gefa;t den Inhalt unserer Filmversion darlegen, wobei wir unsere Aufmerksamkeit vor allem den Hauptmomenten schenken, und besonders detailliert werden wir das Finale betrachten, so wie wir den eventuellen Prolog behandelt haben.
Sonnenaufgang. Hoch in den Bergen gl;nzt eine, wie ein riesiges, ins All guckendes Auge, Spiegelschussel eines radiooptischen Teleskops. Genau uber dem Mittelpunkt dieser Schussel erhebt sich feine Konstruktion eines drehenden Russels. Das ist Zarathustras H;hle. Am Rande der Spiegelschussel auf einem Stein mit den biblischen Bergen im Hintergrund sitzt Zarathustra mit seinem Stab in der Hand und gekleidet wie ein Einsiedler. Er spricht mit seinen Tieren, die Vogelscheuchen oder Puppen in der Naturgr;;e ;hneln, - mit dem Adler, dem L;wen und irgendeinem drachen;hnlichen Wesen. Wir h;ren die Worte nicht, die Zarathustra ihnen sagt. Mit einem Handzeichen schickt er die Tiere auf die Suche nach Essen und bleibt allein. Er zeichnet mit dem Stab seinen eigenen Schatten auf dem Boden, und pl;tzlich h;rt er einen Schrei, einen Hilferuf! Und da erscheint noch ein zweiter Schatten, der Schatten eines finsteren Propheten. Der Prophet erinnert uns an eine Puppe, die wir schon im Prolog gesehen haben, und er sagt, der Hilferuf sei ein Ruf des Ubermenschen, den Zarathustra in seinem Herzen sucht. Zarathustra erhebt sich vom Stein und begibt sich auf der Suche nach dem Ubermenschen.
Im Laufe des ganzen Tages begegnet der suchende Zarathustra den verschiedenen handelnden Personen, und jedes Mal glaubt er, den Ubermenschen getroffen zu haben. Sie alle erinnern uns ebenso an die Puppen aus dem Prolog. Das sind zwei K;nige mit einem beladenen Esel, der heimtuckische Zauberer, der gluckselige freiwillige Bettler, der Gewissenhafte, der H;;lichste und zuletzt der Schatten von Zarathustra selbst. All diejenigen, die ihm begegnen, suchen selbst nach einem Treffen mit ihm. Mit allen fuhrt Zarathustra seltsame Gespr;che und h;rt deren Reden zu, und jedem schl;gt er vor, zu seiner H;hle zu gehen und auf ihn zum Sonnenuntergang zu warten. Nachdem er in seinem Reich keinen anderen mehr findet, schl;ft Zarathustra am hei;en Mittag unter dem Baum ein, der von der Weinrebe umrankt ist, und an welchem irgendwann mal die Puppen gehangen haben. Zarathustra schl;ft, ohne Augen zu schlie;en, und die zauberhafte Stille der mitt;glichen Wiese wickelt seine Seele ein. Und Zarathustra fragt sich selbst: „Ward die Welt nicht eben vollkommen?“  Sein Schlaf dauert aber nicht lange, und schon wieder sucht der ergraute Zarathustra jemanden und findet keinen au;er sich selbst.
Zu seiner H;hle zuruckgekehrt gibt sich Zaratrhustra ab und zu den Erinnerungen aus seinem fruheren Leben hin: es sind sehr kurze, wie Augenblicke, Szenen mit Schlusselzitaten aus den vorherigen Teilen des Buches, wo Zarathustra haupts;chlich Gespr;che mit seinen Schulern fuhrt:
• Szenen auf einem belebten Marktplatz mit Refrain: “Der Mensch ist ein Seil, geknupft zwischen Tier und Ubermensch - ein Seil uber einem Abgrunde.“   Dabei wird der Seil mit dem Seilt;nzer immer wieder vom Marktplatz zum Teleskopspiegel, der als Zarathustras H;hle auftritt, hinubertragen;
• Zitate aus dem Kapitel „Vom Lesen und Schreiben“ (I.Teil);
• Dialog mit einem Jungen aus dem Kapitel „Vom Baum am Berge“ (I.Teil);
• Zitate aus dem Kapitel „Von den Fliegen des Marktes“ (I.Teil);
• Szenen aus dem Kapitel „Von alten und jungen Weiblein“ (I.Teil);
• Szene aus dem Kapitel „Das Kind mit dem Spiegel“ (II.Teil);
• Zitate aus dem Kapitel „Von den Mitleidigen“ (II.Teil);
• Zitate aus dem Kapitel „Von den Taranteln“ (II.Teil);
• Bildhaft-erotische Szene im Wald mit tanzenden M;dchen und Cupido aus dem Kapitel „Das Tanzlied“ (II.Teil);
• Szenen aus dem Kapitel „Der Wahrsager“ (II.Teil);
• Szene aus dem Kapitel „Von der Erl;sung“ (II.Teil);
• Szene mit einem Zwerg am Hals aus dem Kapitel „Vom Gesicht und R;tsel“ (III.Teil);
• Zitate aus dem Kapitel „Auf dem ;lberge“ (III.Teil);
• Szene aus dem Kapitel „Vom vorubergehen“ (III.Teil);
• zum Schlu;, Szene aus dem Kapitel „Der Genesende“ (III.Teil);
Die durchziehende Handlung all dieser sich in der Montagedramaturgie uberschneidenden Episoden ist der Kontrapunkt zwischen dem mit den Puppen sprechenden Nietzsche und dem tanzenden Zarathustra, als wurde der letzte seine Lehre vor seinen Schulern vortanzen. Hin und wieder erscheinen am Bildschirm Titeln der Buchkapitel und kurze Zitate aus dem Buch. (Aufgrund von gewissen didaktischen Eigenschaften des Kapitels „Von alten und neuen Tafeln“ meiden wir diesen absichtlich in unserer Filmversion).
Schlie;lich, sp;ten Abends kehrt unser Held zu seiner Schussel-H;hle zuruck, und schon wieder h;rt er einen Hilferuf... Diesmal aber kommt dieser aus seiner eigenen H;hle!
Dann rennt Zarathustra zum Tunnel, der ins Innere der H;hle fuhrt, und was fur ein Anblick erwartet ihn: dort sitzen alle zusammen, mit denen er den Tag verbracht hat: die zwei K;nige, der alte Zauberer, der Papst, der freiwillige Bettler, der Schatten, der Gewissenhafte des Geistes, der finstere Wahrsager und der Esel; der H;;lichste Mensch hat eine Krone aufgesetzt und sich mit zwei roten Gurteln gegurtet... Mitten in dieser traurigen Gesellschaft steht der zerzauste und unruhige Adler Zarathustras, und eine Schlange schlingt sich um seinen Hals.
Zarathustra begru;t seine G;ste:
„Ihr Verzweifelnden! Ihr Wunderlichen! Ich h;rte also eueren Notschrei? Und nun wei; ich auch, wo der zu suchen ist, den ich umsonst heute suchte: der h;here Mensch -:
- in meiner eignen H;hle sitzt er, der h;here Mensch! Aber was wundere ich mich! Habe ich mich nicht selber zu mir gelockt, durch Honig-Opfer und lustige Lockrufe meines Glucks?“
Darauf antworten seine G;ste:
„Und da; wir Verzweifelnde jetzt in deine H;hle kamen und schon nicht mehr verzweifeln: ein Wahr- und Vorzeichen ist es nur, davon, da; Bessere zu dir unterwegs sind, -
- denn er selber ist zu dir unterwegs, der letzte Rest Gottes unter Menschen, das ist: alle die Menschen der gro;en Sehnsucht, des gro;en Ekels, des gro;en Uberdrusses,
- alle, die die nicht leben wollen, oder sie lernen wieder hoffen - oder sie lernen von dir, o Zarathustra, die gro;e Hoffnung!“
Und spricht Zarathustra zu ihnen, genau wie Nitzsche - zu seinen Puppen im Hotelzimmer:
„Ihr m;gt wahrlich insgesamt h;here Menschen sein, ...: aber fur mich - seid ihr nicht hoch und stark genug... Ihr seid nur Brucken: m;gen H;here auf euch hinuberschreiten!...Als Vorzeichen kamt ihr mir nur... Auf andere warte ich hier in diesen Bergen..., - auf H;here, Sieghaftere, Wohlgemutere, solche, die rechtwinklig gebaut sind an Leib und Seele: lachende L;wen mussen kommen!“
Danach beginnt ein Festmahl in der H;hle Zarathustras. Allerdings l;;t es sich als Festmahl nur bedingt bezeichnen. Das einzige Gericht ist Zarathustras „H;hlenpredigt“ vom Ubermenschen aus dem Kapitel „Vom h;heren Menschen“.
„Je h;her von Art, - sagt Zarathustra w;hrend seiner Predigt, - je seltener ger;t ein Ding. Ihr h;here Menschen hier, seid ihr nicht alle - mi;geraten? Seid guten Muts, was liegt daran!... Lernt uber euch selber lachen, wie man lachen mu;!“
Zarathustra beendet seine Rede mit den Worten:
„Das Lachen sprach ich heilig; ihr h;heren Menschen, lernt mir - lachen.“
Danach l;uft Zarathustra fur kurze Zeit aus der H;hle zu den Bergen hinaus, die die H;hle umgeben. Dort treffen ihn seine Tiere, und er sagt zu ihnen:
„... ich liebe euch, meine Tiere!“
Seine Tiere richten ihre Blicke auf ihn und betrachten ihn im Schweigen, und Nietzsche l;chelt sie in seinem Zimmer an.
Aber kaum ist Zarathustra aus seiner H;hle heraus, beginnt der Zauberer die Versammelten mit seinen schlauen Worten zu verfuhren, er nimmt eine Arfe in die H;nde und singt beschuldigende Versen vom einem als „Narr und Dichter“  bezeichneten Propheten.
Zarathustra sch;pft Verdacht und kehrt in die H;hle zuruck und pl;tzlich entdeckt dort eine merkwurdige Szene: all seine G;ste verbeugen sich vor dem Esel, rufen „Amen!“ und feiern ihn als einen Gott. Der Esel antwortet darauf jeweils mit „I-A“. Das Anschauen dieser Vorstellung h;lt Zarathustra nicht l;nger aus, f;ngt an selbst „I-A“ zu schreien, noch lauter als der Esel, und dann sturzt er uber seine G;ste wutend her:
„Aber was treibt ihr da, ihr Menschenkinder?... Wehe, wenn euch jemand anderes zus;he als Zarathustra: Jeder wurde urteilen, ihr w;ret mit eurem neuen Glauben die ;rgsten Gottesl;sterer oder die t;richsten aller alten Weiblein! Und du selber, du alter Papst, wie stimmt das mit dir selber zusammen, da; du solchergestalt einen Esel hier als Gott anbettest?“
„O Zarathustra, - antwortete der Papst, - vergib mir, aber in Dingen Gottes bin aufgekl;rter noch als du. Und so ist’s billig. Lieber Gott also anbeten, in dieser Gestalt, als in gar keiner Gestalt!“
Erschuttert uber diesen Anblick wendet sich Zarathustra an alle mit einer Frage, und jeder fuhrt ihm seine eigenen Argumente an.
Zum Schlu; erkl;rt der H;;lichste Mensch, dessen Prototyp Juda Iskariot ist, Zarathustra, man k;nne Gott nur durch Lachen umbringen:
„‘Nicht durch Zorn, sondern durch Lachen t;tet man’ - so sprach du einst. O Zarathustra, du Verborgener, du Vernichter ohne Zorn, du gef;hrlicher Heiliger, - du bist ein Schelm!“
Erstaunt uber diese Antworten schreit Zarathustra mit lauter Stimme zu seinen G;sten:
„O ihr Schalks-Narren allesamt, ihr Possenrei;er! Was verstellt und versteckt ihr euch vor mir! Wie doch einem jeden von euch das Herz zappelte vor Lust und Bosheit, darob, da; ihr endlich einmal wieder wurdet wie die Kindlein, n;mlich fromm, da; ihr endlich wieder tatet wie Kinder tun, n;mlich betetet, h;nde-faltetet und ‘lieber Gott’ sagtet!... Freilich: so ihr nicht werdet wie die Kindlein, so kommt ihr nicht in das Himmelreich.“
Und Zarathustra zeigt mit den H;nden nach oben. Darauf antworten ihm seine G;ste:
„Aber wir wollen auch gar nicht ins Himmelreich: M;nner sind wir worden, - so wollen wir das Erdenreich.“
Und Zarathustra freut sich aufrichtig uber diese Antworten der „h;heren Menschen“, aber Nitzsche schaut in der selben Zeit auf seine Puppen, die vor ihm auf dem Tisch Grimassen schneiden (Trickfilm). Und Zarathustra sagt ihnen:
„Verge;t diese Nacht und dieses Eselfest nicht, ihr h;here Menschen!.. Das nehme ich als gutes Zeichen, - solcherei erfunden nur Genesende!“
Nach diesen Worten verlassen er und seine G;ste die Schussel-H;hle und gehen zu ihrer Fu;, und dort wartet auf sie eine wundervolle Mondnacht. Die G;ste sturzen sich auf ihn und fangen an, lachend und weinend, aus Dankbarkeit seine H;nde zu kussen, und der alte Wahrsager tanzt sogar vor Freude. Aber Zarathustra h;lt sie zuruck, legt seinen Finger den Lippen hinzu, und in diesem Moment h;rt man eine Glocke l;uten, als k;me das aus dem Herzen von Zarathustra selbst. Und Zarathustra flustert einschmeichelnd:
„Ihr h;here Menschen, es geht gen Mitternacht: da will ich euch in die Ohren sagen, wie jene alte Glocke es mir ins Ohr sagt...: O Mensch, gib acht!“  „...Greife nach Gottes Weh, nicht nach mir! Was bin ich? ...Eine Mitternachts-Leier, eine Glocken-Unke, die niemand versteht,..  Denn ihr versteht mich nicht!“  „Weh spricht: “Vergeh, weg du Wehe!“ Aber alles, was leidet, will leben, da; es reif werde und lustig und sehnsuchtig, - sehnsuchtig nach Fernerem, H;herem, Hellerem... Lust aber will nicht Erben, nicht Kinder, - Lust will sich selber, will Ewigkeit, will Wiederkunft, will Alles-sich-ewig-gleich.“
Die „h;heren Menschen“ h;ren Zarathustra wie verzaubert zu, und er, voller Liebe und Z;rtlichkeit, spricht zu diesen merkwurdigen Lebewesen:
„Lerntet ihr nun mein Lied?... Singt mir nun selber das Lied, des Name ist „Noch einmal“, des Sinn ist „in alle Ewigkeit!“ - singt, ihr h;heren Menschen, Zarathustras Rundgesang!“
Und Zarathustra singt selbst sein Lied:
„O Mensch! Gib acht!
Was spricht die tiefe Mitternacht?
„Ich schlief, ich schlief -,
Aus tiefem Traum bin ich erwacht: -
Die Welt ist tief,
Und tiefer als der Tag gedacht.
Tief ist ihr Weh -,
Lust - tiefer noch als Herzeleid:
Weh spricht: Vergeh!
Doch alle Lust will Ewigkeit -,
- will tiefe, tiefe Ewigkeit!“
Aber die „h;heren Menschen“ schweigen und sprechen Zarathustra nicht nach, sondern zittern, als hingen sie wie Marionetten vor ihrem Sch;pfer in Nietzsches Hotelzimmer.
Es wird Morgen. Die biblische Berge leuchten in den ersten Sonnenstrahlen auf. In der Schussel-H;hle schlafen alle Zarathustras G;ste, und Zarathustra, strahlend und stark, tritt aus der H;hle heraus und spricht zu der Sonne:
„Du gro;es Gestirn,.. du tiefes Glucks-Auge, was w;re all dein Gluck, wenn du nicht die h;ttest, welchen du leuchtest!.. Wohlan! sie schlafen noch, diese h;heren Menschen, w;hrend ich wach bin: das sind nicht meine rechten Gef;hrten! Nicht auf sie warte ich hier in meinen Bergen. ...Ihr Traum trinkt noch an meinen trunkenen Liedern. Das Ohr doch, das nach mir horcht, - das gehorchende Ohr fehlt in diesen Gliedern... Wohlan!“ - schreit Zarathustra in die H;he, - „... Meine Tiere sind wach, denn ich bin wach. Mein Adler ist wach und ehrt gleich mir die Sonne. Ihr seid meine rechten Tiere; ich liebe euch. Aber noch fehlen mir meine rechten Menschen!“
Pl;tzlich scheint es, als ob ein Vogelzug uber Zarathustra herf;llt, er versucht sich dagegen zu wehren, aber die V;gel tun ihm nichts an - sie schreien nur und drucken damit ihre Liebe und Z;rtlichkeit zu ihm aus. Zarathustra, beim Versuch sich zu verstecken, setzt sich auf einen Stein, aber der Stein erweist sich als eine dicke L;wenm;hne, und der L;we brullt sanft und dehnend - ein Zeichen der Liebe zum neuen Freund.
„Das Zeichen kommt“, - sagt Zarathustra, und der L;we schmeichelt sich bei ihm ein, und die V;gel flattern weiter um seinen Kopf herum. Als Zarathustra das sieht, sagt er: “...meine Kinder sind nahe, meine Kinder“, - die Tr;nen flie;en aus seinen Augen und tropfen auf seine H;nde, und der L;we leckt die Tr;nen sorgf;ltig ab, und die V;gel setzen sich auf seine Schulter. Pl;tzlich erscheinen am H;hleneingang die „h;heren Menschen“ - sie m;chten ihrem neuen Lehrer - Zarathustra - den Morgengru; uberbringen. Aber der L;we, als er sie sieht, wirft sich brullend zum Eingang, und die „h;heren Menschen“ verschwinden sofort in unheimlicher Panik aus dem Tunnel... Zarathustra beobachtet die ganze Szene fassungslos, und da kommt ihm die Erleuchtung:
„Was blieb mir doch aufgespart als meine letzte Sunde?“ - fragt er sich und antwortet selbst, - „Mitleiden! Das Mitleiden mit dem h;heren Menschen! ...Wohlan! Das - hatte seine Zeit! ...Trachte ich denn nach Glucke? Ich trachte nach meinem Werke! ... Dies ist mein Morgen,.. herauf nun, herauf, du gro;er Mittag!“  - sagt Zarathustra den Bergen und der Sonne, nimmt seinen Stab mit dem goldenen Griff und geht fort von seiner H;hle. Und das Donnern vom Zarathustras-Nietzsches homerischen Gel;chter erschuttert die Berge und den Himmel, und Nietzsche, lachend, schmei;t seine Puppen ins Feuer im Kamin, und sie gehen in Flammen auf, und Zarathustra geht am merkwurdigen Baum vorbei, an dem die Puppen am Anfang des Filmes gehangen haben, und sieht die von ihnen ubriggeblieben gluhenden Kohlen, die um den Baum herumliegen. Zarathustra grinst und voller k;niglicher Wurde verschwindet hinter der Wegkehre. In den Augen des Puppenmeisters Nietzsche brennt das Kaminfeuer zu Ende, und in diesem Moment wendet er sich dem Kruzifix zu, das hinter seinem Rucken h;ngt. Er rei;t das Kruzifix von der Wand ab, schaut in den Kamin, aber dann, wie ein Kind, das sich uber sein neues Spielzeug freut, versteckt es an der Brust und leise, hinterlistig grinsend, geht aus dem Hotelzimmer auf die Uferstra;e Nizzas heraus. Er geht schnell die Stra;e entlang, immer wieder dreht er sich ;ngstlich um. Pl;tzlich kommt aus der Kurve eine seltsame Kutsche, die nur mit einem Esel eingespannt ist. Als Kutscher erkennen wir den Papst, aus den Fenstern schauen der Zauberer, der Gewissenhafte des Geistes, der Schatten, der freiwillige Bettler und der H;;lichste mit k;niglicher Krone auf dem Kopf, und auf dem Trittbrett der Kutsche stehen zwei K;nige ohne Kronen. Alle sie, als sie Nietzsche sehen, schauen erstaunt auf ihn zuruck, der Esel schreit „I-A“, aber Nietzsche, ohne sie zu bemerken, geht zum Meeresufer hinunter, steigt in ein Boot ein und rudert ins offene Meer...
„Epilog. Weimar“. Nietzsche, mit einem Plaid zugedeckt, sitzt mit einer Kompresse am Stirn in seinem Schaukel-Stuhl auf der Veranda seines Hauses. Taktm;;ig schaukelt er und starrt weltentfremdet einen Punkt an. Einige Zeit sp;ter holt Nietzsche das Kruzifix aus seiner Brust hinaus und mit verzucktem L;cheln bewundert es. Nur der Gott wei;, woran er gerade denkt.
Die Spiegelschussel des radiooptischen Teleskops gl;nzt in den Strahlen der untergehenden Sonne. Auf ihrem Boden kriecht die Schlange. Im Himmel schwebt der Adler. In den Bergen donnert mit lautem Echo das Gebrull des L;wen. Die Berge. Der Himmel. Der Sonnenuntergang.
Die Titelzeile:
„Also sprach Zarathustra“ - Das Ende vom M;rchen.
Die darstellende Plastik im Film kann im zu dem Klassiker des Weltfilms Sergej Paradschanov nahem Stil realisiert werden. Zu dieser Entscheidung bewegen nicht nur die persischen Wurzel des Heldenprototyps, auch nicht nur der Handlungsort im Buch und im Film - der „erfundene alte Orient“, sondern auch die literarische Faktur der Urquelle selbst - Unstetigkeit, Zerrissenheit, ornamentale Darstellung - das erinnert an Montageprinzipien des Paradschanovs Films samt der literarischen Stilistik seiner Drehbucher.
Der theatralisch-blumige, exotische, in seiner visuellen und musikalischen L;sung irreale Film „Also sprach Zarathustra (Ein M;rchen vom Ubermenschen)“ k;nnte dadurch Aufmerksamkeit und Interesse eines breiten Publikums zu seinem philosophischen Inhalt gewinnen, der gar nicht so einfach wahrzunehmen und zu verstehen ist.
Zum Schlu; m;chten wir unsere Uberlegungen daruber auffuhren, wer und wie die Verfilmung verwirklichen k;nnte.
Die Dreharbeiten sollten demnach in mehreren verschiedenen L;ndern stattfinden:
• - in Frankreich („Prolog“ und ein Teil von „Epilog“-Nizza);
• - in Deutschland („Epilog“-Weimar, Nietzsche-Haus);
• - in Armenien (die „H;hle“ in Form des radiooptischen Teleskops in Orgov, Naturaufnahmen in den Bergen, Atelieraufnahmen);
• - in Iran (Aufnahmen an einem orientalischen Basar, Oasen, Tale, Halbwusten).
Montage und Synchronisation sollten am besten in Deutschland durchgefuhrt werden.
Aufnahmen in Armenien sollen unter dem offiziellen Patronat der jeweiligen Regierung verlaufen.
Super Vision k;nnte die Goethe-Gesellschaft ubernehmen.
Als idealen Hauptdarsteller sehen wir Peter Gabriel.
Die originale Filmmusik k;nnte Peter Gabriel.
Puppenherstellung und Regie bei den Puppenszenen k;nnten dem georgischen Regisseur und Kunstler Reso Gabriadse anvertraut werden.
Erarbeiten des Drehbuches m;chten die Autoren dieses Artikels in enger Zusammenarbeit mit der Goethe-Gesellschaft durchfuhren.
Regie ubernimmt einer der Autoren dieser Zeilen - Regisseur Georgij Davitaschvili.
Filml;nge sollte 150 Minuten nicht unterschreiten.

1996