Erinnerungen

Маргарита Винс
Wenn man eine schwere, aber monotone Arbeit tut, ist man beschaeftigt, aber der Kopf ist frei. Und wenn man irgendwas findet, was einen in irgendwelcher Form betrifft, Erinnerungen weckt, dann kann es zu einem sehr angenehmen, berauschenden und begeisterten Zustand fuehren.

So was es Mitte der Neunziger, als ich bei L. arbeitete. Es war das Weihnachtsgeschaeft, Arbeit, Hektik,  Aufregung,  Erwartungen,  alles ohne Ende. In den Schaufenstern waren alte Buffets mit nostalgischen Puppen und Teddybaeren aufgebaut. Bis dahin hat mich Antik nie interessiert, aber jetzt war ich froh gewesen, als ob ich alte Bekannte getroffen haette. Vielleicht war es die Isolation, das Befremden dort, dass ich etwas Vertrautes, Heimisches suchte.

Die Buffets sahen viel besser aus als der im Elternhaus. Der wurde jedes Jahr noch gestrichen, es war eine haessliche Salatgruenfarbe, die auch nicht hielte. Diese Buffets waren nur mit Lasur oder Lack behandelt, dadurch kam die Holzmaserung zur Geltung, es sah edel und gediegen aus. Der Buffet Zuhause bestand aus einem Unterschrank, geteilt durch einen Bogen und einem Oberschrank mit klaren Sprossenfenstern. Da stand das ganze Geschirr:  Glaeser, verschiedenen Teller.  Der Oberschrank war mit einer Hinterwand aus Holz mit dem Unterschrank zusammengehalten. Vorne wurde er mit zwei Holzbeinen gehalten. In diesem offenen Teil standen meistens ein paar Marmeladenglaeser und ein Brotlaib. Im Unterschrank befanden sich verschiedene Tueten und Packungen mit Getreide, Zucker, Bohnen und Erbsen.

Die Anrichte war sehr schoen, mit verschiedenen Schnitzereien verziert, der Oberschrank hatte eine verzierte Oberkante und deshalb hatte man auch da eine Ablagemoeglichkeit, dort lag verschiedener Kram. Das Geschirr im Buffet war einfach und fuer alle Angelegenheiten geeignet, die Teller waren alle verschieden, was ich auch sehr toll fand, die waren mit Goldkanten verziert, hatte entweder Bluemchen- oder Tiermuster. Daher konnte ich das muehsame Spuelen in ein Spiel verwandeln. Wir hatten auch Teller aus einem dunkelgetoentem Glas, mit wellenartig geschwungenen Kanten. Es war das Festgeschirr.
 
Ein anderes Mal, beim Putzen einer alten Kneipe, sah ich dort die blumigen 70-Jahren-Gardinen. Zuerst kommt das Gefuehl, irgendwo habe ich das schon gesehen, es ist mir sehr bekannt und heimelig. Es kommt aus einer ganz anderen Zeit, die mit der heutigen ziemlich wenig am Hut hatte. Die Neunziger sind farblos und blass, naturverbundene Einrichtung ist blasgelb und beige. Die Achtziger: die Pastellfarben, besonders Rosa, Lila, Flieder. Die Siebziger haben Kraft, Mut zur Farbe und Muster. Es war auch eine sehr dynamische, schillernde Zeit und die Farben natuerlich aehnlich.

Diese Gardinen hatten einen unmoeglichen (fuer Heute) starken Gruenton mit grossen roten Blumen. Es hat mich an meine Kindheit auf dem Lande erinnert. Es hatte soviel Waerme und Geborgenheit in sich, dass ich mich praktisch wie in einer Meditation befand. Ich war auf der Zeitreise in meine Kindheit.

Die Erinnerungen sind etwas sehr kostbares, etwas sehr persoenliches.  Es ist das was bleibt, wenn Jahrzehnte vergehen, Doerfer untergehen und Heimaten gewechselt werden.
 
Wieso ist es einem so wichtig welche Stoffe jeweils getragen wurden, oder welche Moebel man besass?! Nicht alles Vergangenes ist einem so teuer. Ist es nur mit der Kindheit so, oder haengt es mit dem Gefuehl der Heimat zusammen?